14.08.2017 00:00 Alter: 7 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Möllenhoff, Fachanwalt für Steuerrecht

Neubewertung: FG Düsseldorf legt Frage nach Steuer-ID und erfragte Personengruppe EuGH vor

In seinem den Parteien heute zugestellten Beschluss vom 9. August hat das Finanzgericht Düsseldorf (Az. 4 K 1404/17 Z) erhebliche Zweifel an den im Fragebogen zur Neubewertung verwendeten Fragen geäußert und sowohl in Bezug auf die erfragte Personengruppe als auch in Bezug auf die abgefragte Steuer-ID den Europäischen Gerichtshof befragt, wo datenschutzrechtliche Grenzen zu ziehen sind.

Wir hatten bereits in unserem Kanzlei-Newsletter über unsere Musterfeststellungsklage im Auftrag eines großen Logistikers berichtet, inwieweit es zulässig ist, dass im Fragebogen der Neubewertung neben der Geschäftsleitung und den Zollbeauftragten auch nach Beiräten und Aufsichtsräten, Abteilungsleitern, Leitern der Buchhaltung und sämtlichen Personen gefragt wird, die Zollangelegenheiten bearbeiten. In diesem Zusammenhang war von besonderer Brisanz, dass in Bezug auf die vorgenannte Personengruppe nicht nur der Name, sondern auch die Steuer-ID und das zuständige Finanzamt erfragt wurden. Diesbezüglich beabsichtigte die Zollverwaltung, bei den zuständigen Finanzämtern nach der steuerlichen Unbedenklichkeit zu fragen.

Das Finanzgericht Düsseldorf äußert in seinem Beschluss nunmehr Zweifel daran, "dass das Abfragen der personenbezogenen Daten der Steueridentifikationsnummern und der für die Veranlagung zur Einkommensteuer zuständigen Finanzämter hinsichtlich der von der deutschen Zollverwaltung unter 1.1.2 Buchstabe c, 1.1.6 und 1.3.1 des Fragenkatalogs bezeichneten Personen noch eine zulässige Verarbeitung dieser Daten für festgelegte Zwecke im Sinne des Artikel 8 Abs. 2 S. 1 der Charta der Grundrechte ist." Diese Norm verlange, "dass eine personenbezogene Daten betreffende Unionsregelung klare und präzise Regeln für die Tragweite einer Maßnahme vorsehen muss." Es hat daher Zweifel, dass die bestehenden, von der Zollverwaltung herangezogenen Normen, eine solche Grundlage bieten.

 Zweifel bestehen insbesondere, dass sich der weite Kreis der Arbeitnehmer und der Mitglieder des Aufsichtsrats sich mit dem Gesetz begründen lässt.

 Das Finanzgericht beschäftigt sich auch mit der Frage, inwieweit es verhältnismäßig ist, dass die Finanzämter wegen jeglicher steuerlicher Unzulänglichkeiten der erfragten Personen kontaktiert werden dürfen. Es ist der Auffassung, dass aus Art. 8 der Charta der Grundrechte folgen könnte, dass die Bewertung der Steuerehrlichkeit der Mitarbeiter auf die betriebsbezogenen Steuern beschränkt sein sollte. Daher dürften Unregelmäßigkeiten im Rahmen der privaten Einkommensteuererklärung nicht abgefragt werden. Diese Einschätzung deckt sich auch mit der in den Leitlinien zum Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten vom 11. März 2016 erläuterten Meinung der EU-Kommission.

 Letztlich zweifelt das FG die Notwendigkeit an, Daten in Bezug auf die in den Fragen genannten Personen vollumfänglich einzuholen und regt an, die Personengruppe auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich mit der Bearbeitung zollrechtlicher Fragen befasst sind. Ausscheiden würden dann Aufsichtsräte und sonstige Abteilungsleiter.

 Das Finanzgericht Düsseldorf hat klar die zoll- und datenschutzrechtliche Bedenklichkeit der Fragen 1.1.2, 1.1.6 und 1.3.1 festgestellt. Es legt die Angelegenheit gleichwohl dem Europäischen Gerichtshof zur Frage der Auslegung von Art. 24 UZK-DVO vor, um das Maß der zulässigen Datenerhebung sowohl in Bezug auf den betroffenen Personenkreis als auch in Bezug auf die Frage tiefe vom Europäischen Gerichtshof bestimmen zu lassen.

 Wir empfehlen sämtlichen Unternehmen, die den Fragebogen zur Selbstbewertung bisher noch nicht abgegeben haben, auf die vorgenannten Fragen nicht zu antworten bzw. die Antwort auf den Namen und die Anschrift der Geschäftsleitung und der jeweiligen Zollbeauftragten zu beschränken. Es ist empfehlenswert, sich auf dieses Verfahren unter Nennung des Aktenzeichens zu berufen.

 Die Zollverwaltung hat inzwischen auf die Hinweise des Gerichts in der mündlichen Verhandlung reagiert und hat heute einen leicht veränderten Fragebogen veröffentlicht. Nunmehr wird nach dem Aufsichtsrat nur dann gefragt, sofern dieser tatsächlich mit Zollfragen befasst ist. Im Übrigen bleibt der Fragebogen so wie er ist. Jedoch wird Unternehmen die Möglichkeit gegeben, "vor der Datenübermittlung den zu prüfenden Personenkreis in Abstimmung mit dem Hauptzollamt festzulegen". Es ist zwar zu begrüßen, dass die Zollverwaltung den Gedanken des Datenschutzes nunmehr auch berücksichtigt. Allerdings dürfte es datenschutzrechtlich ebenfalls unzulässig sein, dass Arbeitgeber und Behörde im Einvernehmen den zu prüfenden Personenkreis festlegen. Es kann nicht der Vereinbarung zwischen Unternehmen und Zollverwaltung vorbehalten sein, über den Datenschutz der betroffenen Mitarbeiter zu entscheiden. Hier bedarf es der klaren gesetzlichen Regelung, gegebenenfalls der restriktiven Auslegung des bestehenden Art. 24 UZK-DVO, der lediglich Fragen nach dem Antragsteller, der Person, die für das antragstellende Unternehmen verantwortlich ist oder die Kontrolle über seine Leitung ausübt oder den Beschäftigten des Antragstellers, der für dessen Zollangelegenheiten zuständig ist, gestattet.

Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.