25.02.2014 10:53 Alter: 10 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwalt Heiko Panke, Fachanwalt für Steuerrecht

Steuerfreie Ausfuhrlieferung im Reihengeschäft

Mit Urteil vom 16.01.2014, 5 K 3930/10 U, hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die erste Lieferung im Rahmen eines Reihengeschäfts eine sogenannte unbewegte und damit steuerpflichtige Lieferung sein kann, obwohl vor der Beförderung der Ware ins Ausland eine Eigentumsübertragung an den Letztabnehmer noch nicht erfolgt ist. In dem zugrundeliegenden Fall war streitig, ob eine Handylieferung im Rahmen eines grenzüberschreitenden Reihengeschäfts von der Klägerin zurecht als steuerfrei behandelt wurde.

Die Klägerin verkaufte Handys an eine in Großbritannien ansässige Gesellschaft, die ihrerseits ein Beförderungsunternehmen mit dem Transport an ihre Abnehmer in Dubai beauftragte. Dort kamen die Handys auch tatsächlich an. Die Klägerin behandelte den Vorgang als bewegte und damit steuerfreie Ausfuhrlieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 Abs. 1 UStG. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Lieferung im Rahmen eines Reihengeschäfts unmittelbar von der Klägerin als erstem beteiligtem Unternehmen an die letzten beteiligten Unternehmer in der Kette nach Dubei transportiert worden sei. Dabei habe der mittlere Unternehmer die Ware versendet.  § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG bestimme für den Fall, dass ein Abnehmer auch Lieferer sei, dass grundsätzlich die Lieferung an diesen Abnehmer die bewegte Lieferung im Reihengeschäft sei und stelle damit eine widerlegbare Vermutung auf. Dem folgte das beklagte Finanzamt nicht, weil die Lieferung der Klägerin an das mittlere Unternehmen, eine britische Gesellschaft, als sogenannte unbewegte Lieferung in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig sei.

Das Gericht folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab. Bei einem Reihengeschäft, bei dem die Ware unmittelbar vom ersten Lieferanten an den letzten Abnehmer gelangt, könne nur eine der Lieferungen die bewegte und damit steuerfreie Ausfuhrlieferung sein. Die von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) entwickelten Grundsätze für die Frage, welcher Lieferung die Warenbewegung zuzuordnen ist, seien zwar zu innergemeinschaftlichen Lieferungen innerhalb der EU ergangen, aber auf Ausfuhrlieferungen in Drittstaaten zu übertragen. Das Gericht maß im Rahmen der danach erforderlichen Gesamtwürdigung dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass die Klägerin vom bereits vor der Versendung erfolgten Weiterverkauf der Ware an die Endabnehmer wusste.

Demgegenüber sei es nach Ansicht des Gerichts nicht von entscheidender Bedeutung, ob den Erwerbern die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Gegenstände zu verfügen, bereits vor der Warenbewegung eingeräumt wurde. Dem ersten Lieferer sei es regelmäßig nicht möglich, diese Frage zu beurteilen und hierüber von seinem Geschäftspartner Informationen zu erhalten. Der Senat wich damit von der Entscheidung des BFH vom 28.05.2013, XI R 11/09, ab, in der der BFH entschieden hatte, dass die Zuordnung der bewegten Lieferung davon abhängen soll, ob und wann dem letzten Erwerber die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, übertragen worden ist. Der erkennende Senat hielt diese Entscheidung des BFH jedoch für problematisch und folgte ihr nicht, sondern berief sich aber auf zwei früher ergangene Entscheidungen des BFH.

Der Senat hat die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen. Der Senat sieht die Grundsätze zur Zuordnung einer bewegten Lieferung in Fällen der Beförderung oder Versendung durch den mittleren Unternehmer insbesondere wegen der voneinander abweichenden BFH-Rechtsprechung (einerseits V R 3/10, V B 53/11, andererseits XI R 11/09) als ungeklärt an.

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