01.12.2021 09:39 Alter: 2 yrs
Kategorie: Außenwirtschaft
Von: Stefan Dinkhoff, Rechtsanwalt

Die neue Allgemeine Genehmigung EU007 für die vereinfachte Intra-Company-Ausfuhr von Software und Technologie

In der neuen Dual use VO 2021/821 (DUV) wurde mit der neuen EU007 eine Allgemeine Genehmigung für die Intra-Company-Ausfuhr von Software und Technologie geschaffen. Diese ist auf den ersten Blick sehr interessant für international tätige Unternehmen mit Tochter- oder Schwestergesellschaften in Argentinien, Brasilien, Chile, Indien, Indonesien, Israel, Jordanien, Malaysia, Marokko, Mexiko, Philippinen, Singapur, Südafrika, Südkorea, Thailand und Tunesien.

Auf den zweiten Blick erweist sich jedoch, dass ihre Inanspruchnahme durch einige enge Anwendungsvoraussetzungen sehr weitgehend beschränkt ist. Nicht nur, dass die ausgeführte Software und Technologie ausschließlich für die gewerbliche Produktentwicklung verwendet werden darf. Sie muss von der Tochter- oder Schwestergesellschaft auch nach Abschluss der Produktentwicklung vollständig zurückgeführt und gelöscht werden.
Was dies im Detail für die Anwendung bedeutet, möchte ich Ihnen im Folgenden erläutern:

Ausgangspunkt der EU007 (wie auch der anderen Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen) ist die (rein) güterbezogene Genehmigungspflicht für in Anhang I DUV gelistete Dual use-Güter in Art. 3 DUV. Allgemeine Genehmigungen geben Wirtschaftsteilnehmern bekanntlich (unter Einhaltung ihrer Voraussetzungen und Nebenbestimmungen) die Möglichkeit, gelistete Dual use-Güter ohne Einholung einer Individualgenehmigung auszuführen.

Personenkreis
Die Inanspruchnahme der EU007 ist nur solchen Ausführern gestattet, die eine in einem EU-Mitgliedstaat niedergelassene juristische Person sind (Teil 3(1) EU007) und über ein Internes Compliance Programme (ICP) verfügen (dazu unten, vgl. auch Teil 3(3) EU007).

Die EU007 genehmigt (unter Vorliegen weiterer Voraussetzungen) solchen Ausführern die Ausfuhr an Tochter- oder Schwestergesellschaften.

  • Tochtergesellschaften werden dabei von der Teil 3(1) EU007 definiert als Gesellschaften, die sich vollständig im Besitz und unter der Kontrolle des Ausführers befinden.
  • Schwestergesellschaften als Gesellschaften, die sich unmittelbar und vollständig im Besitz und unter der Kontrolle derselben Muttergesellschaft wie der Ausführer befinden.

Güterkreis: Die EU007 erstreckt sich zwar grundsätzlich auf jegliche in Anhang I DUV gelistete Technologie und Software - ausdrücklich von ihr ausgenommen ist jedoch Technologie und Software im Zusammenhang mit den Nummern 4A005, 4D004, 4E001c, 5A001f und 5A001j (Teil 1 EU007).

Auch der Länderkreis der EU007 ist sehr beschränkt: Während für Ausfuhren nach Australien, Island, Japan, Kanada, Neuseeland, Norwegen, in die Schweiz einschließlich Liechtenstein, in das Vereinigte Königreich und in die Vereinigten Staaten ohnehin primär die EU001 in Betracht kommt, beschränkt Teil 2 EU007 deren Anwendung auf Ausfuhren nach Argentinien, Brasilien, Chile, Indien, Indonesien, Israel, Jordanien, Malaysia, Marokko, Mexiko, Philippinen, Singapur, Südafrika, Südkorea, Thailand und  Tunesien.

Weitere Anwendungsvoraussetzungen
EU- bzw. EU001-Ansässigkeit/-Niederlassung der Mutter: Sowohl die Muttergesellschaft, die den Ausführer unmittelbar kontrolliert, als auch die Gesellschaft, die den Ausführer letztlich kontrolliert, müssen in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem EU001-Land ansässig oder niedergelassen sein (Teil 3(1)(a) EU007). Eine Muttergesellschaft kontrolliert eine andere Gesellschaft, wenn sie in der Lage ist, einen bestimmenden Einfluss auf diese auszuüben (Teil 3(1)(b) 2. Alt. EU007).

"Einhaltungs-Garantie": Die unmittelbar kontrollierende Muttergesellschaft muss eine verbindliche Garantie für die Einhaltung der Anforderungen der EU007 durch die Schwestergesellschaft übernehmen (Teil 3(1)(b) EU007).

Beschränkung auf gewerbliche Produktentwicklung: Die ausgeführte Software und Technologie darf ausschließlich „für die gewerbliche Produktentwicklung des Ausführers bzw. der Tochter- oder Schwestergesellschaft und durch ihre Mitarbeiter entsprechend der Vereinbarung über die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses“ verwendet werden (Teil 3(1)(c) EU007). Da entwickelte Technologie allerdings – wie weiter unten erläutert - a.E. an den Ausführer übermittelt und von der Tochter- oder Schwestergesellschaft gelöscht werden muss, dürfte der Nutzen der EU007 „für die gewerbliche Produktentwicklung ... der Tochter- oder Schwestergesellschaft“ sehr beschränkt sein.

Verbleib unter vollständiger Kontrolle des/r Ausführers/Muttergesellschaft: Die ausgeführte Software und Technologie sowie alle daraus resultierenden Produkte müssen unter der vollständigen Kontrolle des Ausführers oder (bei Ausfuhr an eine Schwestergesellschaft) unter der vollständigen Kontrolle der Muttergesellschaft, die die Schwestergesellschaft unmittelbar kontrolliert, verbleiben (Teil 3(1)(d) 1. Hs. EU007). Diese vollständige Kontrolle beinhaltet auch, dass "keine Teilung mit anderen Stellen" erfolgen darf (Teil 3(1)(d) 2. Hs. EU007).

Rückgabe und vollständige Löschung: Die „ausgeführte Software und Technologie“ muss an den Ausführer zurückgegeben und von der Tochter- oder Schwestergesellschaft vollständig gelöscht werden, wenn die Entwicklung abgeschlossen ist oder wenn die Tochter- oder Schwestergesellschaft von einem anderen Unternehmen erworben wird (Teil 3(1)(e) Satz 1 EU007).
„Jede  daraus resultierende entwickelte Technologie“ muss ebenfalls an den Ausführer übermittelt und von der Tochter- oder Schwestergesellschaft vollständig gelöscht werden (vgl. Teil 3(1)(e) Satz 2 EU007). Mit Blick auf die Tatsache, dass durch EU007 eigentlich auch die „gewerbliche Produktentwicklung ... der Tochter- oder Schwestergesellschaft“ ermöglicht werden soll (vgl. Teil 3(1)(c) EU007), dürfte diese Anwendungsvoraussetzung aus Sicht der Beteiligten als besonders problematisch erscheinen. Immerhin scheint dies für daraus resultierende entwickelte Software (im Umkehrschluss) nicht zu gelten.

Nichtvorliegen der Ausschlussgründe des Teil 3(2) EU007: Bei Unterrichtung oder Kenntnis von bestimmten in sensiblen Verwendungen i.S.d. Teil 3(2)(a) bzw. (b) EU007 ist die Inanspruchnahme der EU007 ebenso ausgeschlossen, wie bei Kenntnis von einer Wiederausfuhr „der betreffenden Software oder Technologie“ in ein anderes Bestimmungsland Teil 3(2)(c) EU007. Letztgenannter Fall verträgt sich m.E. ohnehin nicht mit der Anwendungsvoraussetzung der vollständigen Kontrolle, s.o.
Selbiges gilt nach Teil 3(2)(d) EU007 bei Kenntnis von Empfängern/Endverwendern aus den Bereichen militärischer, paramilitärischer, polizeilicher oder nachrichtendienstlicher Dienst oder eines anderen staatlichen Sicherheitsdienstes oder im Auftrag vorgenannter Dienste handelnder Empfänger/Endverwender
Teil 3(2) Satz 2 EU007 enthält eine mitgliedstaatliche Ausweitungsbefugnis für Fälle, in denen der Ausführer Grund zur Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen der Buchst. b) oder c) hat.

ICP: Von jedem Ausführer, der die EU007 zu verwenden beabsichtigt, muss ein „internes Programm für rechtskonformes Verhalten“ eingeführt werden (= ICP, vgl. Definition: Art. 2 Nr. 21 DUV), Teil 3(2) EU007. Das Vorhandensein einer ICP wird u.a. bereits bei Registrierung für die EU007 via ELAN-K2 abgefragt.

Zollanmeldung bei materieller Ausfuhr: Bei einer materiellen Ausfuhr von Software oder Technologie muss der Ausführer in der Zollanmeldung die EU007-Nutzung erklären, Teil 3(4) EU007.

Registrierung und Unterrichtung über erstmalige Verwendung mindestens 30 Tage vor der ersten Ausfuhr (vgl. Teil 3(5) und (6) EU007 und Teil II Abs. 2 der Bekanntmachung über die Nutzung der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der Union Nr. EU001, EU002, EU003, EU004, EU005, EU006, EU007 und EU008 vom 21. Juli 2021).

Berichtspflichten gem. Teil 3(7)(a)-(c) EU007: Lieferungen mehrerer gleichartiger Güter an einen Empfänger können zusammengefasst werden. In diesem Fall ist als "Tag der Lieferung" das Datum der ersten Lieferung anzugeben (vgl. Teil III(3)(a) der o.g. Bekanntmachung). Mit Blick auf Ausfuhren von Technologie und Software, die im Wege der Bereitstellung erfolgen, stellt die o.g. Bekanntmachung überdies klar, dass lediglich die einmalige Einräumung der Zugriffsmöglichkeit, nicht aber jeder tatsächliche Zugriff, zu melden ist (vgl. Teil I Abs. 3). Wurden in einem Meldezeitraum mehrere nicht verkörperte Ausfuhren von Technologie oder Software derselben Nummer des Anhang I DUV an denselben Empfänger auf der Grundlage einer Allgemeinen Ausfuhrgenehmigung der Union (also auch der EU007) getätigt, können diese Ausfuhren in einer Meldung zusammengefasst werden. Wird die Technologie oder Software für den Zugriff (z.B. via Cloud/Server) bereitgestellt, ist lediglich die Einräumung der Zugriffsmöglichkeit für jeden Empfänger zu melden; eine Meldung der tatsächlich erfolgten Zugriffe ist nicht erforderlich (vgl. Teil III(3)(c) der o.g. Bekanntmachung).
Zusätzlich zu den allgemeinen Meldeanforderungen zur Nutzung der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der Union ist anzugeben, ob es sich bei dem Empfänger um eine Tochter- oder Schwestergesellschaft des Ausführers handelt. Zudem ist die Muttergesellschaft des Ausführers anzugeben, sofern eine solche existiert (vgl. Teil III(3)(b)(4) der o.g. Bekanntmachung).

FAZIT: Der Blick auf die zum Teil sehr engen Anwendungsvoraussetzungen offenbart, dass eine nutzbringende Verwendung der EU007 nur in einem engen Rahmen möglich ist. Und dies liegt nicht lediglich in der Beschränkung auf die rein gewerbliche Produktentwicklung und im sehr überschaubaren Länderkreis begründet. Vielmehr wird in der Praxis die (für Technologietransfers ohnehin bereits in der Anwendung gängige) Sammelausfuhrgenehmigung wohl in einigen Fällen die vorzugswürdige Alternative darstellen, schon weil bei der der EU007 sowohl die „ausgeführte Software und Technologie“ als auch „jede daraus resultierende entwickelte Technologie“ zurückgeführt und vollständig gelöscht werden müssen. Gerade mit Blick auf die Tatsache, dass durch EU007 eigentlich auch die „gewerbliche Produktentwicklung ... der Tochter- oder Schwestergesellschaft“ ermöglicht werden soll (vgl. Teil 3(1)(c) EU007), dürfte diese Anwendungsvoraussetzung aus Sicht der Beteiligten als besonders problematisch erscheinen.
Sollten Sie zur Inanspruchnahme bzw. Anwendung entsprechender Genehmigungen beraten werden wollen, so setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung. Gerne können Sie auch kurzerhand zum Hörer greifen und ein unverbindliches Telefonat mit mir führen.