12.05.2023 14:22 Alter: 343 days
Kategorie: Außenwirtschaft
Von: Rechtsanwältin Julia Gnielinski

Russland-Sanktionen – BMWi ändert FAQ 51

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima hat eine Liste von FAQs zu den Russland-Sanktionen aus VO (EU) 833/2014 verfasst.

Die FAQs werden auf der offiziellen Website des Ministeriums als Erklärungsdokumente veröffentlicht. Das Ministerium gibt in seiner Erläuterung vor, dass diese Informationen insoweit verbindlich sind, als dass der EuGH die Russland-Sanktionen nicht anders auslegt. Damit sieht das BMWi die Rechtsstellung wesentlich wichtiger als die EU- Kommission die Wertung für ihre FAQs sieht. Nach den Vorbemerkungen zu der konsolidierten Fassung vom 10.8.2022 versteht die Kommission diese Veröffentlichung als ein Dokument ohne Rechtsaktqualität, das als „Hilfestellung und Leitlinie“ für die Behörden in den Mitgliedsstaaten konzipiert ist. Eine Bindungswirkung („binding effect“) soll den FAQs nach diesen Vorbemerkungen nicht zukommen.

Das heißt aber nicht, dass unter Verweis auf den Wortlaut der Vorbemerkungen des Dokuments jegliche rechtliche Verbindlichkeit den FAQs abzusprechen ist. Tatsächlich zeichnet sich in der Rechtsprechung der europäischen Gerichte nämlich bereits seit längerem die Tendenz ab, auch untergesetzlichen – und dem Namen nach unverbindlichen – Verlautbarungen von Kommission und Rat eine gewisse Rechtsqualität
zuzusprechen, die über eine rein faktische Orientierungsfunktion hinausgeht. So wie dies auch das BMWi für die FAQs beansprucht.

FAQ 51 wurde am 13.04.2023 geändert:

„51. Verstößt die Rückerstattung einer vor Sanktionsverhängung erhaltenen Vorauszahlung gegen das Erfüllungsverbot des Art. 11 VO (EU) 833/2014, wenn die Vertragserfüllung aufgrund einschlägiger Sanktionsverbote nicht mehr möglich ist? Gilt dies entsprechend für Zahlungen aus Anzahlungsgarantien?

Antwort: Ja. Verboten ist nach dem Wortlaut der Bestimmung die Erfüllung sämtlicher Ansprüche, die im Zusammenhang mit mittlerweile sanktionierten Geschäften stehen. Die Rückzahlung einer Anzahlung, die darauf abzielt, eine Rechtsbeziehung in den Zustand vor Sanktionsverhängung (status quo ante) zu versetzen, ist vor diesem Hintergrund rechtlich unzulässig. Das gilt entsprechend auch für Zahlungsansprüche aus Anzahlungsgarantien. Daneben müssen einschlägige Bereitstellungs-, Transaktions- oder sonstige spezifische Sanktionsverbote beachtet werden. Das Verbot der Zahlung aus einer Anzahlungsgarantie (oder einer darauf bezogenen Rückgarantie), die sich auf ein mittlerweile verbotenes Geschäft bezieht, wird sich regelmäßig auch aus dem Verbot der Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit sektorspezifischen Export- und Importverboten ergeben (vgl. die Definition in Art. 1 Buchst. o der VO (EU) 833/2014).“

Seit dem 14.12.2022 war diese Erläuterung als in Überarbeitung gekennzeichnet.

Bis zum 14.12.2022 lautete FAQ Nr. 51:

„Verstößt die Rückerstattung einer vor Sanktionsverhängung erhaltenen Vorauszahlung gegen das Erfüllungsverbot des Art. 11 VO (EU) 833/2014, wenn die Vertragserfüllung aufgrund einschlägiger Sanktionsverbote nicht mehr möglich ist?

Antwort: Nein. Verboten ist, den russischen Vertragspartner so zu stellen, als sei erfüllt worden (z.B. durch Schadenersatz an Erfüllung statt). Die Rückzahlung einer Anzahlung, die gerade darauf abzielt, eine Rechtsbeziehung wieder in den Zustand vor Sanktionsverhängung (status quo ante) zu versetzen, bleibt davon allerdings unberührt. Daher darf eine Vorauszahlung trotz Erfüllungsverbot rückerstattet werden. Dessen ungeachtet müssen einschlägige Bereitstellungs-, Transaktions- oder sonstige spezifische Sanktionsverbote wie zum Beispiel das Verbot der Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit sektorspezifischen Export- und Importverboten beachtet werden.“

Die Antwort hat sich also inhaltlich vollständig verändert. Jegliche Form der Rückerstattung der Anzahlung ist verboten, wenn das Grundgeschäft inzwischen verboten ist.

Rechtlich verbindlich sind die FAQs eigentlich nicht, aber jeder Strafrichter würde sich der Meinung des BMWi anschließen und damit den vorsätzlichen Verstoß bejahen. Wir können Ihnen also nur empfehlen, sich an die FAQs zu halten.

Für die Zeitspanne bis zur Neuregelung kann Ihnen kein vorsätzlicher Sanktionsverstoß bei Rückzahlung einer Anzahlung vorgehalten werden. Auch für den Zeitraum seit der Kennzeichnung der Überarbeitung der FAQ 51 bleibt noch argumentativer Spielraum gegen vorsätzliche Begehung, denn es war für Sie nicht erkennbar, wie sich die Erläuterung weiterentwickelt.

Wenn Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich gerne an uns!