27.08.2021 13:37 Alter: 3 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Dr. Ulrich Möllenhoff, Rechtsanwalt

BFH-Urteil: Steuerminderung durch Schenkung ist nicht missbräuchlich

Die Schenkung eines Hausgrundstücks vor dem Verkauf an die Kinder ist nicht rechtsmissbräuchlich und kann legal Steuern sparen.

Zugrunde lag der folgende Sachverhalt aus 2011. Die Klägerin, eine Mutter von zwei Kindern aus Franken, erwarb 2011 ein Grundstück und wollte es bereits ein Jahr später wieder verkaufen. Bei einem Verkauf von Immobilien innerhalb der sogenannten Spekulationsfrist von zehn Jahren ist der Mehrerlös als Einkommen zu versteuern. Die Klägerin leitete den Verkauf ein, schenkte das Grundstück aber dann jeweils zur Hälfte ihren beiden Kindern, die es ihrerseits dann verkauften.

Die Steuern auf den Veräußerungsgewinn fielen dadurch niedriger aus, weil sich der Erlös auf die Kinder verteilte und diese zudem geringere sonstige Einkünfte hatten als ihre Mutter.

Das Finanzamt rechnete den Veräußerungsgewinn von fast 100.000 Euro jedoch der Mutter zu. Die Schenkung an die Kinder vor dem Verkauf sei missbräuchlich gewesen zur Verschiebung von Veräußerungsgewinnen.

Diese Ansicht bestätigte zunächst das FG, dass ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliege und der Veräußerungsgewinn bei der Klägerin zu erfassen sei. Bei § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG handele es sich nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht um eine steuerliche Umgehungsvorschrift, die der Anwendung des § 42 AO vorgehe. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG begründe kein Wahlrecht, bei welchem Steuerpflichtigen der Veräußerungsgewinn zu versteuern sei und erlaube auch nicht ein unbeschränktes Verschieben von Veräußerungsgewinnen. Die zwischen den Erwerb und die Veräußerung geschaltete Schenkung sei unangemessen, wenn sie lediglich dazu diene, ein steuerbares Veräußerungsgeschäft zu vermeiden.

Hierzu hat der BFH die folgenden Leitsätze geprägt:

1. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG ist eine Missbrauchsverhinderungsvorschrift i.S. von § 42 Abs. 1 Satz 2 AO; damit ist die Annahme eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO für den Fall der Veräußerung nach unentgeltlicher Übertragung grundsätzlich ausgeschlossen.

2. Hat der Steuerpflichtige die Veräußerung eines Grundstücks angebahnt, liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht vor, wenn er das Grundstück unentgeltlich auf seine Kinder überträgt und diese das Grundstück an den Erwerber veräußern; der Veräußerungsgewinn ist dann bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen zu erfassen.

Das bedeutet, dass bei der Klägerin und Mutter kein Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, weil die Klägerin das Grundstück nicht verkauft habe. Auch ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nach § 42 AO, der zur Entstehung des Steueranspruchs aus der Veräußerung des Grundstücks bei der Klägerin führen könnte, liege nicht vor.

Mit § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG habe der Gesetzgeber eine Regelung getroffen für rechtsmissbräuchliche Gestaltung, wenn durch die unentgeltliche Übertragung die Spekulationsbesteuerung im privaten Veräußerungsgeschäft umgangen werden soll, indem vor einer Veräußerung das betroffene Wirtschaftsgut z.B. auf eine nahestehende Person übertragen wird, die dann den Veräußerungsvorgang verwirklicht. Daher wird in der Gesetzesbegründung auch ausdrücklich auf die Vermeidung möglicher Missbrauchsfälle und die mit der Anwendung des § 42 AO verbundenen Schwierigkeiten hingewiesen. Diese Schwierigkeiten sollen mit der Einfügung der Vorschrift vermieden werden, indem im Fall der Schenkung stets auf den Anschaffungszeitpunkt durch den Rechtsvorgänger abstellt wird.

Das bedeutet, das private Veräußerungsgeschäft bei demjenigen besteuert wird, der die Veräußerung vorgenommen und den Veräußerungserlös tatsächlich erhalten hat, also  bei den Kindern und es muss bei ihnen nach deren steuerlichen Verhältnissen versteuert werden, weil unter Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Erwerbs bei der Mutter.

Dieser höchstrichterlich gebilligte Steuertrick funktioniert natürlich nur, in den Fällen, wo die Ersparnisse bei der Einkommensteuer nicht durch die Schenkungsteuer wettgemacht werden. Bei nahen Verwandtschaftsverhältnissen sollte es sich aber in der Regel rechnen. Wir berechnen für Sie gerne, ob sich die Schenkung in Ihrem Fall lohnt.
Das vollständige Urteil vom 23.04.2021 können Sie unter BFH - IX R 8/20 lesen (ECLI:DE:BFH:2021:U.230421.IXR8.20.0).