25.01.2023 10:16 Alter: 1 year
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwältin Julia Gnielinski

Ende des Solis in Sicht?

Der BFH (IX R 15/20) entscheidet über ein Verfahren, die Urteilsverkündung soll am 30. Januar erfolgen, in dem die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags für das Jahr 2020 und 2021 von den Klägern angezweifelt wird und dessen Herabsetzung der Vorauszahlung auf 0 Euro erstritten werden soll.

Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommens- und Körperschaftssteuer. Ursprünglich wurde der Solidaritätszuschlag in Höhe von 7,5% 1991 eingeführt und diente damals dazu die finanziellen Auswirkungen des Golfkriegs sowie die Mehrbelastungen resultierend aus dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Wiedervereinigung auszugleichen. Er war bis zum 30.06.1992 befristet. Der geltende (zweite) Solidaritätszuschlag wird seit 1995 erhoben nach dem Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 (SolZG 1995). Der Solidaritätszuschlag betrug von 1995 bis 1997 zunächst 7,5 Prozent, ab 1998 5,5 Prozent der festgesetzten Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Er wurde allen Steuerpflichtigen – sowohl in den alten wie auch in den neuen Bundesländern - entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit auferlegt, um in einem solidarischen finanziellen Opfer aller Bevölkerungsgruppen die deutsche Einheit zu finanzieren. Erst ab einer Einkommensteuer von mehr als 972 Euro bzw. 1.944 Euro Einkommensteuer wurde er erst in eine Milderungszone schrittweise und dann mit dem vollen Satz von 5,5 % erhoben. Mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags aus 2019 wurden 90% der Steuerpflichtigen ab 2021 von der Abgabenpflicht befreit. Nur noch Spitzenverdiener müssen diese Ergänzungsabgabe entrichten.

In diesem Verfahren leisteten die Steuerpflichtigen für das Jahr 2020 Einkommensteuervorauszahlungen und entrichteten auch im Rahmen der vierteljährlichen Vorauszahlungen auch den Solidaritätszuschlag. Sie beriefen sich dabei auf das Auslaufen der Aufbauhilfen für die östlichen Bundesländer ab 2019. Da eine Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden dürfe,  verbiete dieser Ausnahmecharakter eine immerwährende Erhebung zur allgemeinen Finanzierung des Bundeshaushalts. Außerdem werfe die Belastung nur einer kleinen Gruppe von Steuerpflichtigen Fragen zur Steuergerechtigkeit, der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der folgerichtigen Ausgestaltung der steuerlichen Belastungsentscheidung auf. Das Finanzamt lehnte ebenso wie das Finanzgericht den Antrag der Kläger ab.
Dieses Verfahren wird sehr wahrscheinlich noch vor dem BVerfG weitergeführt. Entweder legt der BFH die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit im Rahmen der Normenkontrollklage dem BVerfG vor oder die Kläger wenden sich nach abgelehnter Entscheidung des BFH im Wege der Verfassungsbeschwerde an das BVerfG. Bisher gibt es keine Entscheidung des BVerfG zum Solidaritätszuschlag. Erklärt das BVerfG den Solidaritätszuschlag ab 2020 für nichtig, so tritt die Regelung rückwirkend außer Kraft. Bei einer Unvereinbarkeit tritt sie ab einem bestimmten Zeitpunkt außer Kraft. Bestätigt das BFH die Regelung, bleibt es beim Urteil des Finanzgericht, dann können sich die Kläger über die Verfassungsbeschwerde an das BVerfG wenden.

Was muss ich jetzt nach dem Urteil des BFH tun, um meine Zahlung des Solis zurückzubekommen?

Diese für Sie persönlich wahrscheinlich ausschließlich interessante Fragestellung, kann man zunächst nur mit der pauschalen Juristenantwort, „es kommt darauf an“ erwidern.

Erstmal geht es in diesem Urteil nur um Zahlungen des Solis ab 2020, denn das Gesetz wurde neugeregelt nachdem im Jahr 2019 der Solidaritätspakt II ausgelaufen war.

Weiter ist maßgeblich, ob Ihre Steuerfestsetzung für die Jahre 2020 und 2021 bisher vorläufig erfolgt ist. Hier bietet § 165 Abs. 1 Nr. 2 AO diese Möglichkeit, wenn ein Verfahren bei einem obersten Bundesgericht bzw. beim BVerfG anhängig ist, dass sich mit der Verfassungsmäßigkeit einer tragenden Norm beschäftigt. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sollte erläutert werden. Das erspart dem Steuerpflichtigen einen Einspruch einzulegen gegen die Steuerfestsetzung, um die Änderung zu einem späteren Zeitpunkt zu erreichen.
Wenn der Ausspruch der Vorläufigkeit fehlt, muss Einspruch gegen die Festsetzung erhoben werden mit dem Verweis auf die anstehende Entscheidung des BVerfG. Dann profitieren auch Sie davon, wenn das BVerfG den Soli inzwischen nicht mehr für verfassungsgemäß hält.

Wenn Sie noch Fragen dazu haben, unterstützen wir Sie gerne.