03.09.2019 12:53 Alter: 5 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Dr. Ulrich Möllenhoff

Grenze der Werbungskosten bei mehreren Grundstücken

Werbungskosten als Aufwendungen zur Erwerbung Sicherung und Erhaltung von Einnahmen unter Rückgriff auf das Veranlassungsprinzip

Das Finanzgericht Münster weist mit seinem Urteil (2 K 3686/18 E) vom 13.08.2019 eine Klage ab, mit der Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG geltend gemacht werden sollen, die als Schadenersatz in Höhe von 59.144,57 Euro in einem Rechtsstreit um die verspätete Abgabe der Baulasterklärung nach Verkauf eines der Grundstücke zu leisten waren.

Das FG bestätigt, das der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 3.1.2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 5.11.2018 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO verletze.

Die Klägerin wurde im Streitjahr 2015 zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Sie ist Eigentümerin der Flurstücke I, II, III, VI, das Flurstück. Nur aus Flurstück I erhält sie Mieteinnahmen. Die anderen Flurstücke sind unbebaut und dienen nur als Zuwegungen, Garten- und Spielfläche.
Das Flurstück VIII, das keine gemeinsame Grenze mit Flurstück I hat, verkaufte die Klägerin und räumte in notarieller Erklärung ein, dass Flurstück VI in voller Breite und Länge zu begehen und zu befahren sowie vom herrschenden Grundstück Regen- und Schmutzwasser in den Abwasserkanal auf dem dienenden Grundstück einzuleiten. Die Kosten der Herstellung der Anschlüsse zum Kanal trägt der Berechtigte, auch die Kosten der Unterhaltung und Wiederherstellung der Anschlussleitungen, ebenso etwaige Kosten der Wiederherstellung der Wegefläche nach einem Schadensfall an der Zuleitung….Klarstellend wird festgehalten, dass ein Kanal noch nicht vorhanden ist und dass die Käuferin und ihre Rechtsnachfolger zur Erstellung des Kanals nicht verpflichtet ist. Da die Klägerin im Folgenden weigerte eine Verpflichtungserklärung zur Eintragung einer Baulast, die der Kreis T als Baugenehmigungsbehörde gefordert hatte, zur Sicherung der Zufahrt für die Parzelle einzutragen, weil sie sich eine kostengünstigere geänderte Kanalerschließung ihrer Parzelle I offen halten wollte. In diesem Rechtsstreit wurde die Klägerin zur Schadensersatzzahlung von 59.144,57 Euro verurteilt.
Diese Schadensersatzzahlung standen nach Ansicht der Beklagten nicht als Werbungskosten im Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften auf Vermietung und Verpachtung, da die Einkünfte ausschließlich aus Flurstück I stammen, dass bereits eine gesicherte Zuwegung über Flurstück IV besitzt.
Zudem sei das auslösende Moment für die streitbefangenen Aufwendungen die Grunddienstbarkeiten gewesen, die im Grundbuch der dienenden Parzelle VI zu Gunsten der Parzelle VIII (später IX bzw. XIV und XV) eingetragen gewesen seien.
 
Auch ein subjektiver Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei nicht feststellbar. Die Klägerin habe ausweislich der zivilgerichtlichen Entscheidungen die Nichtabgabe der Baulasterklärung ausschließlich mit den Auswirkungen auf die Parzelle V, nicht aber mit der Wahrung künftiger Erschließungsmöglichkeiten bzw. zur Minderung künftiger Erschließungsaufwendungen bezüglich der Parzelle I begründet.

Selbst wenn die Nichtabgabe der Baulasterklärung auch in wirtschaftlichem Zusammenhang zur Parzelle I gestanden hätte, wäre der wirtschaftliche Zusammenhang zur Parzelle V, mit der keine Einkünfte nach § 21 EStG erzielt würden, enger und damit vorrangig, weil die Parzelle VI unmittelbar an die höher gelegene Parzelle V angrenze.

Das Gericht bestätigt hier die Entscheidung des Finanzamts, dass nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Der BFH legt in ständiger Rechtsprechung den Werbungskostenbegriff unter Rückgriff auf das Veranlassungsprinzip aus (vgl. BFH, Beschluss vom 21. September 2009 – GrS 1/06 –, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Hiernach sind Werbungskosten die Aufwendungen, die durch die jeweilige Erwerbstätigkeit veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung der Erwerbstätigkeit getätigt werden (BFH, Urteil vom 22. Oktober 2015 – VI R 22/14 –, BFHE 251, 344, BStBl II 2016, 179). Maßgebend dafür, ob ein Veranlassungszusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre.

Einkünfte aus § 21 EStG aus der Vermietungs- bzw. Verpachtungstätigkeit sind objektbezogen zu beurteilen. Das gilt selbst dann, wenn sich mehrere Vermietungsobjekte auf einem Grundstück im zivilrechtlichen Sinne befinden. Wird ein Grundstück im zivilrechtlichen Sinne nur teilweise vermietet bzw. verpachtet, ist es einkommensteuerlich auch nur insoweit ein Vermietungs- bzw. Verpachtungsobjekt (vgl. BFH, Urteil vom 19. Februar 2019 – IX R 16/18, BFH/NV 2019, 804).
 
Aus diesem Grund konnte die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch der sich nur auf Flurstück VI bezog nicht als Werbungskosten für ihre Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geltend machen, die sich nur auf Flurstück I bezogen.

Das Urteil im Wortlaut finden Sie hier.