04.10.2017 16:25 Alter: 7 yrs
Kategorie: Steuern

Steuergeheimnis versus zulässiger Informationsaustausch

Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach § 114 FGO versuchte eine deutsche Tochter-GmbH einer niederländischen Konzernmutter gegen die deutsche Finanzverwaltung vor dem FG Köln (23.05.2017 – 2 V 2498/14) vergeblich zu erstreiten, dass die deutsche Finanzverwaltung der niederländischen Finanzverwaltung einen Vorschlag für eine bilaterale Prüfung im Bereich der direkten Steuern nicht unterbreiten und ein solches Verfahren nicht durchführen darf oder weil das Steuergeheimnis dem entgegenstehe. Mit dem Antrag wurde das Ziel verfolgt, dem Antragsgegner zu untersagen, mit der Finanzverwaltung der Niederlande eine gleichzeitige Betriebsprüfung zu vereinbaren und die hierfür notwendigen Informationen zu übermitteln bzw. zu erlangen, der Informationsaustausch verstoße nämlich gegen das Steuergeheimnis, deshalb stehe ihr ein Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 30 AO zu.

Sachverhalt
Dem Rechtschutzverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die deutsche Konzerntochter bezieht Waren von der niederländischen Konzernmutter, die wiederum zu 95% von einer weiteren Konzerntochter aus Hongkong bezogen werden.
Seit Anfang 2014 lief bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F (GKBp).
Die Betriebsprüfung befasste sich unter anderem mit der Gestaltung der Verrechnungspreise und diesbezüglich mit der Art der Gewinnaufteilung sowie der Funktions- und Risikoanalyse.
Im Rahmen der Prüfungsmaßnahmen forderte das Prüfungsfinanzamt bei der Antragstellerin unter anderem die Bilanzen sowie die GuV-Rechnungen der Schwestergesellschaft aus Hongkong an wegen des Verdachts, dass der Nettogewinn vor Steuern im Verhältnis 80:20 zu Gunsten der Schwestergesellschaft in Hongkong verteilt worden und es auf diese Weise zu einer Gewinnverlagerung nach Hongkong gekommen sei. Eine solche Gewinnverlagerung würde als Einkommen aus dem Ein- und Verkauf von Produkten in Drittländern in Hongkong steuerfrei sein.
Die Antragstellerin legte die angeforderten Unterlagen nicht vor, da sie keinen Zugriff darauf habe und die Schwestergesellschaft aus Hongkong eine Übersendung ablehne. Die Ermittlungsmöglichkeiten im Inland waren soweit erschöpft, eine gleichzeitige Betriebsprüfung im Hinblick auf die Überprüfung der Verrechnungspreise mit der Finanzverwaltung der Niederlande erschien erfolgversprechend, da die in den Niederlanden ansässige Muttergesellschaft Zugriff auf die streitgegenständlichen Bilanzunterlagen der in Hongkong ansässigen Tochtergesellschaft haben dürfte.

Entscheidungsgründe
Die Antragstellerin hat keinen Sicherungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog i.V.m. § 30 AO, um die  Kontaktaufnahme mit der Finanzverwaltung der Niederlande zu verhindern. Sie muss eine entsprechende Informationsweitergabe gemäß § 1004 Abs. 2 BGB dulden.
§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO erlaubt die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen, soweit sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Zu diesen Gesetzen gehören auch die Rechtsgrundlagen der Auskunftserteilung bzw. -einholung.
Die Informationsweitergabe zum Zwecke der Vorbereitung, Vereinbarung und Durchführung einer gleichzeitigen Betriebsprüfung ist zulässig, da sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Das Steuergeheimnis steht einer Informationsweitergabe gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO nicht entgegen, da dem Antragsgegner gemäß § 117 Abs. 1 AO das Recht zusteht, zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch zu nehmen und gemäß Abs. 2 zwischenstaatliche Amtshilfe zu leisten, da die Voraussetzungen für die Vereinbarung einer gleichzeitigen Prüfung gemäß § 12 EUAHiG vorliegen.
Gemäß § 117 Abs. 1 AO können Finanzbehörden zwischenstaatliche Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen. Gemäß Abs. 2 können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Amtshilfe aufgrund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union sowie des EU- Amtshilfegesetzes (EUAHiG, welches die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.2.2011 umsetzt) leisten.
Amtshilfeersuchen deutscher Finanzbehörden an ausländische Behörden stehen im Ermessen der deutschen Finanzverwaltung.  Die begehrte Auskunft muss der deutschen Besteuerung dienen.
Nach dieser Maßgabe ist der beabsichtigte Informationsaustausch für die Festsetzung von Steuern voraussichtlich erheblich und die Entscheidung, eine gemeinsame Betriebsprüfung anzustreben, ermessensfehlerfrei, weil die Frage der Angemessenheit von Verrechnungspreisen zwischen der Antragstellerin und im Ausland ansässigen Konzerngesellschaften sowie die Gewinnverteilung unzweifelhaft für die Besteuerung in Deutschland erheblich ist. 

Fazit
Diese Entscheidung begründet sehr ausführlich auch über die oben genannten Aspekte hinaus, warum die Finanzbehörde zum Informationsaustausch berechtigt ist. Gleichzeitig beleuchtet sie auch die Grenzen des Informationsaustauschs im Rahmen der Verhältnismäßigkeit.
Da die Finanzbehörden in den Fällen mit Auslandsbezug umfangreich durch die Gerichte gestützt werden, macht es für den Steuerpflichtigen Sinn, die ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, die entsprechenden Unterlagen beizubringen.

Wir unterstützen Sie gern bei der Sichtung und Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen, um unnötige Gerichtsverfahren zu vermeiden!