14.08.2018 10:40 Alter: 6 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Julia Gnielinski

Umsatzsteuer: Rechtsprechungsänderung des BFH zugunsten von Unternehmen beim Vorsteuerabzug aus Rechnungen

Mit seinen Urteilen vom 21.6.2018 V R 25/15 und V R 28/16 erleichtert der BFH die Anforderungen an Rechnungen.

Eine Rechnung muss für den Vorsteuerabzug eine Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten, unter der er postalisch erreichbar ist über die die Rechnungslegung und Erreichbarkeit erfolgt. Damit gibt der Bundesfinanzhof (BFH) seine bisherige Rechtsprechung aus den Urteilen vom 21. Juni 2018 V R 25/15 und V R 28/16, es ist nicht mehr erforderlich, dass die Rechnung weitergehend einen Ort angibt, an dem der leistende Unternehmer seine Tätigkeit ausübt.

Bei der Umsatzsteuer setzt der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen anderer Unternehmer eine Rechnung voraus, die --neben anderen Erfordernissen-- die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers angibt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes).

Im ersten Fall (V R 25/15) erwarb der Kläger, ein Autohändler, Kraftfahrzeuge von einem Einzelunternehmer, der "im Onlinehandel" tätig war, ohne dabei ein "Autohaus" zu betreiben. Er erteilte dem Kläger Rechnungen, in denen er als seine Anschrift einen Ort angab, an dem er postalisch erreichbar war.

Im zweiten Fall (V R 28/16) bezog die Klägerin als Unternehmer in neun Einzellieferungen 200 Tonnen Stahlschrott von einer GmbH. In den Rechnungen war der Sitz der GmbH entsprechend der Handelsregistereintragung als Anschrift angegeben. Tatsächlich aber befanden sich dort die Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei. Die von der GmbH für die Korrespondenz genutzte Festnetz- und Faxnummer gehörten der Kanzlei, die als Domiziladresse für etwa 15 bis 20 Firmen diente. Ein Schreibtisch in der Kanzlei wurde gelegentlich von einem Mitarbeiter der GmbH genutzt.

Der BFH bejahte in beiden Fällen den Vorsteuerabzug mit ordnungsgemäßen Rechnungen. Für die Angabe der "vollständigen Anschrift" des leistenden Unternehmers reiche die Angabe eines Ortes mit "postalischer Erreichbarkeit" aus. Die Rechtsprechungsänderung beruht auf dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Geissel und Butin vom 15. November 2017 C 374/16 und C 375/16, EU:C:2017:867, das auf Vorlage durch den BFH ergangen ist. Damit reagiert der BFH auf die Wirklichkeit, die nicht nur in Bezug auf den Onlinehandel oft ein Auseinanderfallen der Handlungsorte zwischen Rechnungslegung mit postalischer Erreichbarkeit und Lieferungshandlungen direkt vom Lagerungs- oder Weiterbestellungsort.

Die Rechtsprechungsänderung ist für Unternehmer, die nach ihrer Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, von großer Bedeutung. Die Frage, ob bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen, ist regelmäßiger Streitpunkt in Außenprüfungen. Die neuen Urteile des BFH erleichtern die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs.

Für Diskussionen über von Ihnen eingereichte Rechnungen zum Vorsteuerabzug sollte jetzt kein großer Spielraum der Finanzämter mehr bestehen, solange eine Rechnungsadresse vorgegeben ist. Sollte es doch noch Ärger geben, wenden Sie sich an uns, wir unterstützen Sie gern.