05.11.2021 10:05 Alter: 2 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwältin Frederike Helmert

Vermögensübertragung unter Ehegatten - Die Gestaltungsmöglichkeit der "Güterstandsschaukel"

Die Erbschafts- und Schenkungsteuer erfasst den steuerlichen Erwerb beim einzelnen Erben, soweit die Bereicherung nicht sachlich oder persönlich steuerbefreit ist. Schenkungen unter Lebenden unterfallen nach dem deutschen Steuerrecht ebenfalls der Schenkungsteuer, um eine Umgehung dieser Steuervorschriften durch Schenkung zu vermeiden. Je nach Verwandtschaftsgrad und der Höhe des Betrages der Schenkung gelten verschiedene Steuersätze, zwischen 7 und 50%. Das Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sieht ebenfalls Freibeträge vor, die sich wiederum auch nach Verwandtschaftsgrad und Steuerklasse der Höhe nach bemessen. Eine Schenkungsteuer fällt demnach nur dann an, wenn bei einer Schenkung der erlaubte Freibetrag überschritten wird. Analog zur Erbschaftsteuer gelten auch für die Schenkung drei Schenkungsteuerklassen:

  1. Klasse I, in der Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder sowie Stief- und Adoptivkinder enthalten sind,
  2. Klasse II, in der Geschwister, Neffen, Nichten, Schwiegerkinder und Stiefeltern umfasst werden sowie die  
  3. Klasse III, die für alle Nicht-Verwandten gilt, vgl. § 15 ErbStG.

Oft wird verkannt, dass eben auch bei einer Schenkung zwischen den engsten Familienangehörigen grundsätzlich Schenkungsteuer anfällt, sofern der Freibetrag überschritten wird. Es sind demnach auch Eheleute unteraneinander schenkungsteuerpflichtig. Sind während der Ehe von einem Ehegatten erhebliche Vermögenswerte angeschafft worden, die beiden gehören (sollen), stellt sich die Frage, wie diese Anschaffungen schenkungsteuerlich zu bewerten sind. Ein aus dem Institut der Ehe herzuleitendes Sonderrecht für Eheleute existiert im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht nicht. Der Gesetzgeber kommt Eheleuten jedoch mit großzügigen Freibeträgen, günstigen Steuerklassen und auch sachlichen Steuerbefreiungen entgegen.

Es kann zu Fällen kommen, in denen ein Ehegatte während der Ehezeit deutlich mehr Zugewinn erzielt hat als der andere Ehegatte. Wenn die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart haben (gesetzlicher Normalfall), behält grundsätzlich jeder Ehegatte das Vermögen, das er während der Ehezeit erwirtschaftet hat. Von Gesetzes wegen findet bei der Zugewinngemeinschaft erst dann ein Ausgleich über den Zugewinn im Falle der Beendigung der Ehe durch Tod oder durch Scheidung statt, vgl. § 1371 BGB. Diese Vermögensübertragung ergibt sich daraus, dass bei ungleichen Vermögensverhältnissen der Ehegatten der während der Ehezeit entstandene Vermögensanfall ausgeglichen werden soll (Ausgleichsforderung). Daraus folgt demnach im Umkehrschluss, dass Vermögenswerte, die während der Ehezeit im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft von einem Ehegatten für beide angeschafft wurden, für den anderen Ehegatten eine Schenkung im Sinne des ErbStG darstellen kann.  

In diesem Zusammenhang hat sich die sog. "Güterstandsschaukel" als probate Methode entwickelt. Diese Gestaltungsmöglichkeit bietet einen Weg, durch den Wechsel des Güterstands (bei Fortbestand der Ehe) eine Schenkungsteuer auslösende Schenkung zu "retten". Sie ist demnach ein Mittel zur Steueroptimierung.  Dabei wird in einem ersten Schritt durch Ehevertrag der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufgehoben und der Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Dadurch erhält der Ehegatte mit dem geringeren Vermögen einen gesetzlichen Zugewinnausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten. Der vermögendere Ehegatte kann dazu die Hälfte des Zugewinns, den er während der Ehe erwirtschaftet hat, steuerfrei auf den anderen Ehegatten übertragen. Bisherige unentgeltliche Zuwendungen werden gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG bei der Berechnung der Ausgleichsforderungen angerechnet. Weiter folgt aus dieser Vorschrift, dass dieser Ausgleichsanspruch nicht steuerbar ist. Nach Durchführung dieses Zugewinnausgleichs kann – sofern gewollt - durch weiteren notariellen Vertrag in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft anschließend zurück "geschaukelt" werden.

Anschließend verfügen beide Ehegatten in etwa über die gleichen Vermögenswerte und können jeweils unter Ausnutzung der Freibeträge an ihre Kinder übertragen, da die Freibeträge jedem Ehegatten gesondert zustehen.

Die nicht unerheblichen Kosten für zwei notarielle Verträge für die "Güterstandsschaukel" dürfen Sie nicht vergessen. Die Kosten (bemessen an dem Geschäftswert) richten sich dabei nach dem gemeinsamen Reinvermögen beider Ehegatten.

Vorsicht! Es kann bei bestimmten Konstellationen zu der Annahme einer Steuerhinterziehung und somit zu der Festsetzung von Hinterziehungszinsen oder zu einem Strafvorwurf kommen, wenn angenommen wird, dass Schenkungen während der Ehezeit bewusst nicht angezeigt wurden, um Schenkungsteuer zu umgehen. All diese Punkte sollte man bei der Gestaltung im Blick haben.

Gerne schauen wir uns Ihre Vermögensverhältnisse gemeinsam mit Ihnen an und prüfen, welche steuerliche Gestaltung für Sie am sinnvollsten erscheint, um eine möglich Erbschafts- und Schenkungsteuer zu reduzieren oder zu vermeiden.