06.03.2020 11:28 Alter: 4 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

Brexit – Aktuelles zur Behandlung von EU-Ursprungswaren

Die nächste Runde im Brexit-Prozess ist eröffnet: Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich sind in die Verhandlungsphase eingestiegen über ein Abkommen, das ihre künftigen Beziehungen regeln soll.

Auf Seiten der Europäischen Union führt die EU-Kommission die Verhandlungen über ein solches Abkommen. Sie wurde hierfür durch ein vom Ministerrat erteiltes Verhandlungsmandat offiziell ermächtigt. Die EU beabsichtigt den Abschluss eines Freihandelsabkommens, in dem es keine Zölle und Quoten geben soll. Zu den Grundprinzipien, die im Verhandlungsmandat der EU betont werden, zählen gleiche Wettbewerbsbedingungen und ein Gleichgewicht von Rechten und Pflichten. Schon in der Politischen Erklärung, die das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs und Nordirlands aus der Europäischen Union flankiert hat (EU-Abl. C 384/178), haben die Parteien im Hinblick auf die künftige Wirtschaftspartnerschaft betont, dass die Partnerschaft „gleiche Ausgangsbedingungen für einen offenen und fairen Handel gewährleisten soll“  („a level playing field for open and fair competition“ - EU-Abl. C 384/180).

Der Guardian berichtet, dass Ministerpräsident Johnson Behauptungen zurückgewiesen hat, dass er auf Versprechungen zurückgreife, die er in der Politischen Erklärung gemacht habe, um gleiche Wettbewerbsbedingungen mit der EU zu vereinbaren. – Einheitliche Verhandlungspositionen sehen anders aus!

Das Vereinigte Königreich (UK) betont in seinem Mandat („The Future Relationship with the EU“), dass es die Übergangsphase nicht verlängern wird. Diese endet am 31.12.2020. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt kein Abkommen abgeschlossen sein, das die künftigen Beziehungen regelt, droht nach wie vor der ungeregelte Austritt aus der EU („Hard Brexit“). Als Unternehmen müssen Sie weiterhin mit dieser Möglichkeit kalkulieren und sich auf mögliche Folgen für die betroffenen Unternehmensbereiche einstellen. Die EU-Kommission hatte für diesen Fall bereits in der Vergangenheit Vorbereitungen getroffen und informiert darüber auf ihrer Internetseite. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hält eine hilfreiche Checkliste bereit, mit der Unternehmen sich auf den Fall eines harten Brexit vorbereiten können.

Aktuelle Entwicklungen gibt es hinsichtlich der Frage, wie britische Waren, die bislang als EU-Ursprungswaren behandelt wurden, im Präferenzverkehr mit Drittstaaten zu behandeln sind. Die Zollverwaltung hat in einer Meldung vom 29.01.2020 darauf hingewiesen, dass nach der rechtlichen Auffassung der EU-Kommission das VK während des Übergangszeitraums auch für die Zwecke internationaler Übereinkünfte weiterhin wie ein Mitgliedstaat der EU behandelt werde. Dies soll insbesondere für die Anwendung der Präferenzabkommen mit den darin enthaltenen ursprungsrechtlichen Bestimmungen gelten. Die EU-Kommission wollte die Partnerländer über diese Rechtsauffassung informieren. Inzwischen haben Kanada, die Schweiz und Singapur zugesagt, dass die mit der EU geschlossenen bilateralen Verträge während der Übergangsphase weiterhin auf das VK Anwendung finden (DIHK Brexit-News 02/2020). Danach behalten britische Waren in diesem Zeitraum ihren EU-Ursprung und können weiterhin bei der Präferenzkalkulation im Handel mit diesen Staaten als Ursprungsware berücksichtigt werden.

Es ist jedoch weiter unklar, wie andere Abkommenspartner diese Frage beurteilen – für Unternehmen eine unsichere und damit unbefriedigende Situation!