21.09.2020 16:39 Alter: 4 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

EuGH zur Änderung von Angaben zum Zollanmelder in der Zollanmeldung

Der EuGH hat in der Rechtssache C-97/19 (Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG) mit Urteil vom 16.07.2020 entschieden, dass die Zollbehörden einem Antrag stattgeben dürfen, der darauf abzielt, Angaben zur Person des Zollanmelders zu berichtigen. Konkret ging es in dem Verfahren um die Auslegung des Art. 78 Abs. 3 des „alten“ ZK.

Dem Verfahren lag der Sachverhalt zugrunde, dass die in Rumänien ansässige Tochtergesellschaft der in Deutschland ansässigen Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG (Klägerin) 45 000 Tonnen Rohrzucker mit Ursprung in Brasilien kaufte, der im Werk von Pfeifer & Langen  in Deutschland raffiniert werden sollte. Der raffinierte Zucker sollte anschließend an Pfeifer & Langen verkauft werden. Der Tochterfirma war von der rumänischen Behörde eine Einfuhrlizenz für eine bestimmte Menge Rohrzucker erteilt worden. Die rumänische Tochtergesellschaft erteilte Pfeifer und Langen eine Vollmacht für ihre Vertretung bei Zollanmeldungen in Bezug auf diese Einfuhr. Die Klägerin meldete am 24.02.2012 bei dem beklagten Hauptzollamt eine Teilmenge Rohrzucker in eigenem Namen zur Überführung in den freien Verkehr an. In der Zollanmeldung nahm sie auf die Einfuhrlizenz der rumänischen Tochter Bezug und legte eine Kopie der Vollmacht vor. Die Zollstelle nahm die Anmeldung an, schrieb auf die Einfuhrlizenz die betreffende Menge Rohrzucker ab und erhob von der Klägerin Zoll unter Anwendung eines ermäßigten Abgabensatzes.

Pfeifer & Langen beantragte später eine Überprüfung der Zollanmeldung, damit sie als indirekte Vertreterin der Anmelderin angesehen werde und begründete den Antrag mit Zweifeln, ob sie den ermäßigten Zollsatz habe in Anspruch nehmen dürfen. Das Hauptzollamt erhob daraufhin Zoll nach, weil es der Auffassung war, dass die Klägerin die Einfuhrlizenz nicht habe in Anspruch nehmen dürfen. Im späteren Einspruchsbescheid wies es darauf hin, dass Pfeifer und Langen in der Zollanmeldung nicht angegeben habe, für die rumänische Tochterfirma zu handeln, weshalb sie Anmelderin und Zollschuldnerin geworden sei. Die Angabe der Person des Anmelders in der Zollanmeldung könne sich als eine willentliche Verfahrenshandlung nicht als unrichtig oder unvollständig erweisen, weshalb ihre nachträgliche Änderung nicht möglich sei. Pfeifer und Langen erhob gegen diese Entscheidung Klage beim FG Düsseldorf und trug vor, dass sie durch die Vorlage der Vollmacht das Vertretungsverhältnis offengelegt habe, wonach sie in direkter Vertretung für die Tochterfirma habe handeln wollen.

Das Finanzgericht Düsseldorf setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob Art. 78 Abs. 3 ZK (a. F.) dahin auszulegen sei, dass eine Zollanmeldung in der Hinsicht zu überprüfen und zu berichtigen ist, dass die Angaben zu der Anmelderin durch die Bezeichnung der Person ersetzt werden, der eine Einfuhrlizenz  für die eingeführte Ware ausgestellt worden ist, und diese Person durch die Person vertreten wird, die in der Zollanmeldung als Anmelderin angegeben wurde und die der Zollstelle eine Vollmacht der Inhaberin der Einfuhrlizenz vorgelegt hat. Der EuGH hat diese sehr auf den Fall bezogene Fragestellung etwas allgemeiner dahingehend formuliert, ob die Norm so auszulegen ist, dass die Zollbehörden einem Antrag auf Überprüfung einer Zollanmeldung stattgeben können, der darauf abzielt, dass das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zwischen einem Bevollmächtigten, der, obwohl er über eine Vollmacht des Inhabers der Einfuhrlizenz verfügte, irrtümlich angegeben hat, ausschließlich in eigenem Namen und für eigene Rechnung zu handeln und dem Vollmachtgeber, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde, kenntlich gemacht wird.

Der EuGH hat unter Verweis auf seine Rechtsprechung (EuGH, 12.10.2017 – C-156/16, Tigers) klargestellt, dass Art. 78 ZK (a. F.) es grundsätzlich erlaubt, nach der Zollanmeldung neue Umstände vorzutragen, die von den Zollbehörden voraussichtlich zu berücksichtigen sind, weil der Grundgedanke der Norm darin bestehe, das Zollverfahren auf die tatsächliche Situation abzustimmen. Der EuGH hat zudem deutlich gemacht, dass weder der Wortlaut der Norm noch der Zusammenhang, in dem sie steht, es verbieten, eine nachträgliche Überprüfung vorzunehmen und in diesem Zusammenhang einzelne Punkte der Zollanmeldung wie die Angaben zur Person des Anmelders und das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zu ändern. Eine Änderung der Angaben zur Person des Anmelders sei auch nicht mit der Situation vergleichbar, dass Angaben zur Art oder Beschaffenheit einer Ware geprüft und ggf. geändert werden sollen, eine physische Kontrolle der Waren aber nicht mehr möglich ist, weil die Ware bereits überlassen wurde und das Zollgebiet der Union verlassen hat.

Der EuGH hat sich dabei auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine nachträgliche Änderung der Person des Anmelders eine Betrugsgefahr mit sich bringt, dies aber sowohl für den konkreten Fall als auch generell verneint. Diese Gefahr werde durch andere Bestimmungen des Zollkodex (Art. 201 Abs. 3 UAbs. 2 ZK (a.F.), Art. 236 ZK a. F.) begrenzt. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass bei der Auslegung von Art. 78 ZK (a.F.) das Gebot der ausdrücklichen Offenlegung der Vertretungsmacht nach Art. 5 Abs. 4 ZK (a. F.) gewahrt werden müsse.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin die Vollmacht bei Abgabe der Zollanmeldung vorgelegt und damit rechtzeitig i. S. d. Art. 5 Abs. 4 ZK, sodass der EuGH die Vorlagefrage insgesamt im eingangs dargestellten Sinne beantwortet und damit eine nachträgliche Änderung des Vertretungsverhältnisses im Hinblick auf die Person des Anmelders zugelassen hat.

Fazit
Der EuGH hat auf den ersten Blick sehr speziell auf die Fragestellung des FG Düsseldorf geantwortet. Die Begründung des Urteils offenbart jedoch einige generelle Erwägungen zur Auslegung des Art. 78 ZK (a. F.), die sich auf andere Fallgestaltungen übertragen lassen. Die Entscheidung gibt somit in erster Linie den Zollbehörden und im Streitfall den Gerichten grundsätzlich die Möglichkeit, Zollanmeldungen nachträglich im Hinblick auf die Person des Zollanmelders zu überprüfen. Durch den Verweis auf das Gebot der ausdrücklichen Offenlegung der Vertretungsmacht wird sich diese nachträgliche Änderbarkeit jedoch auf Fälle beschränken, in denen es trotz Offenlegung der Vertretungsmacht zu einem Fehler bei der Angabe der Person des Anmelders gekommen ist. Inwiefern die Entscheidung daher in den Fällen hilft, in denen Fehler bei der Anmeldung unterlaufen, die der Schnelligkeit der Abwicklung von Zollanmeldungen insbesondere im Dienstleistungsbereich geschuldet sind, ist noch nicht absehbar. Nach den Feststellungen dieses Urteils wird es wohl auf die Fallgestaltung im Einzelfall ankommen. Dienstleistern sei geraten, künftig noch mehr darauf zu achten, dass die Vertretungsverhältnisse im Zeitpunkt der Zollanmeldung korrekt dargelegt werden.