25.06.2020 08:37 Alter: 4 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Almuth Barkam, Rechtsanwältin

Freihandelsabkommen mit Vietnam veröffentlicht

Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Sozialistischen Republik Vietnam (Vietnam) wurde im EU-Amtsblatt L 186/3 vom 12.06.2020 veröffentlicht, nachdem es durch die vietnamesische Nationalversammlung ratifiziert worden war.

Der Rat der Europäischen Union hatte bereits mit Beschluss vom 30.03.2020 das Abkommen genehmigt (EU-Abl. L 186/1). Das Abkommen kann in Kraft treten, sobald es von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist (Bekanntgabe des Inkrafttretens im EU-Amtsblatt). Mit dem Inkrafttreten wird noch in diesem Jahr gerechnet.

Für das Ausstellen von Lieferantenerklärungen ist zu beachten, dass Vietnam mit der Veröffentlichung des Abkommentextes schon jetzt in die Liste der Präferenzländer aufgenommen werden kann. Allerdings muss bis zum Inkrafttreten des Abkommens der Zusatz "ab Anwendbarkeit" ergänzt werden. Anhand der "Liste der erforderlichen Be- und Verarbeitungen" in Anhang II des Protokolls Nr. 1 (ab Seite 1342) kann geprüft werden, ob es sich bei einer Ware, für die mittels Lieferantenerklärung der Ursprung bestätigt werden soll, um europäische Ursprungsware im Sinne des Abkommens handelt.

Das Protokoll Nr. 1 mit den Begriffsbestimmungen zum Ursprungsrecht (Art. 1 ff.) und den Regelungen zum Ursprungsnachweis (Art. 15) befindet sich ab Seite 1319. Nach Art. 15 Abs. 1 des Protokolls kann eine Präferenzbehandlung von Ursprungserzeugnissen der Union bei der Einfuhr in Vietnam bei Vorlage folgender Nachweise erfolgen:

- ein nach den Artikeln 16 bis 18 ausgefertigtes Ursprungszeugnis (Buchst. a),

- eine nach Artikel 19 ausgefertigte Ursprungserklärung

•    eines ermächtigten Ausführers für alle Sendungen unabhängig von ihrem Wert oder
•    jedes Ausführers für Sendungen mit einem Gesamtwert von bis zu 6.000,- €,

(Buchst. b)

- eine von Ausführern, die in einer elektronischen Datenbank nach den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union registriert sind, ausgefertigte Erklärung zum Ursprung, nachdem die Union Vietnam notifiziert hat, dass diese Rechtsvorschriften für ihre Ausführer gelten. In einer solchen Notifikation kann festgelegt werden, dass die Buchstaben a und b keine Anwendung mehr auf die Union finden. (Buchst. c)

Nach Art. 15 Buchst. c) soll also auf Dauer das Verfahren des Registrierten Ausführers (REX) als vereinfachtes Nachweisverfahren etabliert werden. Bis zur Notifikation können jedoch nur Ausführer, die eine Bewilligung als Ermächtigter Ausführer haben, bei Warenwerten über 6.000,- € das vereinfachte Verfahren durch Ursprungserklärung auf der Rechnung (Art. 19) nutzen, sofern die Notifikation dem Inkrafttreten des Abkommen zeitlich nachfolgt. Weitere Möglichkeit ist die Vorlage eines Ursprungszeugnisses nach dem Muster in Anhang VII. Dies stellt eine für Präferenzabkommen ungewöhnliche Form des Ursprungsnachweises dar, handelt es sich doch eigentlich um ein Nachweispapier aus dem Bereich des nichtpräferenziellen (handelspolitischen) Ursprungsrecht.

Buchstabe c) verweist darauf, dass Buchst. b) möglicherweise nicht mehr gelten soll, wenn die Union das Verfahren des Registrierten Ausführers gegenüber Vietnam für anwendbar erklärt hat. Durch den Verweis auf die Rechtsvorschriften der Union, die für die Registrierung von Ausführern maßgeblich sind, dürfte sichergestellt sein, dass auch weiterhin Ausführer ohne Registrierung bei einem Sendungswert bis 6.000,- € eine Ursprungserklärung ausfertigen dürfen. Einschlägige Regelung dürfte Art. 68 Abs. 4 UZK-DVO sein, wonach in Fällen, in denen die Präferenzregelung keinen Höchstwert vorsieht, dieser bei 6.000,- € pro Sendung liegt, bis zu der Ausführer ohne Registrierung Ursprungserklärungen ausstellen dürfen.

Ursprungserzeugnisse Vietnams erhalten bei der Einfuhr in die EU eine Präferenzbehandlung bei Vorlage eines Ursprungszeugnisses oder – nach Notifizierung seitens Vietnams – durch einen ermächtigten oder registrierten Ausführer nach den Rechtsvorschriften Vietnams. Bei Sendungswerten bis 6.000,- € darf eine Ursprungserklärung von jedem Ausführer ausgefertigt werden (Art. 15 Abs. 2 Buchst. a) bis c)).  

Art. 19 Abs. 5 sieht ausdrücklich vor, dass eine Ursprungserklärung auch nachträglich ausgefertigt werden kann, wenn sie der Einfuhrvertragspartei spätestens zwei Jahre nach Einfuhr der Waren vorgelegt wird.

Mit Umsetzung des Abkommens sollen 99 % aller Zölle abgebaut werden und weitere Handelserleichterungen geschaffen werden. Die Vertragsparteien bauen ihre Zölle auf Ursprungswaren der anderen Vertragspartei nach Maßgabe der Stufenpläne in den Anlagen 2-A-1 (Stufenplan der Union) und 2-A-2 (Stufenplan Vietnams) ab. In welchem Jahresrhythmus dieser Abbau erfolgt bzw. welche Waren ab Inkrafttreten des Abkommens direkt zollfrei sind, ergibt sich aus den in Anhang 2-A aufgeführten Abbaustufen (ab S. 164).