29.10.2018 14:48 Alter: 5 yrs
Kategorie: Zoll

Gesetzliche Zugangsfiktion bei der Zustellung von Verwaltungsakten durch private Postdienstleister

Auch die Finanzbehörden bedienen sich inzwischen der privaten Postdienstleister, die mit Subunternehmern arbeiten.

Der BFH hatte zur gesetzlichen Zugangsvermutung bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten aus § 122 Abs. 2, Nr. 1 AO das Urteil zu fällen, inwieweit es auch für private Postdienstleister unter Einschaltung eines Subunternehmers gilt.
Der BFH entschied mit seinem Urteil vom 14.6.2018 - III R 27/17
dass Zugangsvermutung für die Bekanntgabe schriftlicher Verwaltungsakte gilt danach auch bei der Übermittlung durch private Postdienstleister zu § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) grundsätzlich erst mal gilt. Bei der Einschaltung eines privaten Postdienstleisters, der mit einem Subunternehmer tätig wird, sei allerdings zu prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann. Damit kommt es zu einer erheblichen Einschränkung der Zugangsvermutung.

Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Diese in der AO geregelte Zugangsvermutung findet sich wortgleich auch in anderen Verfahrensordnungen wieder (z.B. § 41 Abs. 2 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und § 37 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch). Die Regelungen stammen aus einer Zeit als es nur die Deutsche Bundespost für die Beförderung von Briefen und das gesetzliche Briefzustellungsmonopol der Deutschen Bundespost gab und man regelmäßig davon ausgehen konnte, dass ein Brief nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Post AG innerhalb von drei Tagen den Empfänger erreicht.

Im Streitfall ging es um die Einhaltung der Klagefrist, die einen Monat beträgt und mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beginnt. Auf der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2015 hatte die beklagte Familienkasse vermerkt "abgesandt am: 06.11.2015" (Freitag). Nach Auskunft der Familienkasse wurde die versandfertige Ausgangspost am Freitag zwischen 12:30 Uhr und 13:00 Uhr durch einen privaten Kurierdienst als Subunternehmer eines privaten Postdienstleisters abgeholt. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger am 10. Dezember 2015 Klage. Im Klageverfahren trug er vor, dass die Einspruchsentscheidung ihm erst am 12. November 2015 zugegangen sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab ohne auf das Vorbringen des Klägers in Bezug auf den späteren Zugang einzugehen.

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück, da die tatsächlichen Feststellungen nicht ausreichten, um die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung beurteilen zu können. Dabei stellte der BFH darauf ab, dass bei privaten Zustelldiensten im Rahmen der Lizensierung die Einhaltung konkreter Postlaufzeiten nicht geprüft werde. Daher müsse ermittelt werden, ob nach den bei dem privaten Dienstleister vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn neben dem im Streitfall beauftragten privaten Zustelldienst, der bei bundesweiten Zustellungen regelmäßig nur über Verbundgesellschaften tätig werde, ein weiteres Dienstleistungsunternehmen zwischengeschaltet werde. Insoweit sei die Einschaltung privater Postdienstleister bei der Frage von Bedeutung, ob die Zugangsvermutung als widerlegt gelte, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf die Folge sei.

Dem Begriff des Zweifels entspreche es, dass auch unbewiesene Tatsachen dieser Art die Nachweispflicht der Behörde auslösen (BFH-Urteil vom 7. November 1985 V R 3/83, BFH/NV 1987, 274). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die einzelnen organisatorischen und betrieblichen Abläufe bei dem von der Behörde in Anspruch genommenen Dienstleister im behördlichen Verantwortungs- und Risikobereich liegen.
Dieses Urteil legt dar, dass der Familienkasse eine gewissenhafte Prüfung obliegt, ob eine Zustellung innerhalb des Dreitageszeitraums des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO durch den von ihr gewählten privaten Postdienstleister mit jedenfalls gleich hoher Verlässlichkeit zu erwarten ist wie bei einer Versendung im Rahmen des Postuniversaldienstes. Das Subunternehmen ist auch kein Universalanbieter für Postdienstleistungen, für die die Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) vom 15. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2418) und die darin eingeforderten Qualitätsmerkmale für die Briefbeförderung (§ 2 PUDLV) Anwendung finden. Die Zugangsvermutung würde beispielsweise nicht eingreifen, wenn die Behörde einen privaten Postdienstleister beauftragt und dieser erst einen Tag nach Erhalt der Sendung diese an ein weiteres Unternehmen zur Weiterbeförderung weiterleitet.

Also achten Sie bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten darauf, wann Ihnen das Schriftstück tatsächlich zugeht, möglicherweise differiert dieses Datum stark mit dem Datum des Bescheides, was Ihnen eine Fristverlängerung bieten kann. Aber in jedem Fall, denken Sie daran, die Frist läuft! Wenn Sie nicht einverstanden sind, müssen Sie sich schnell gegen den Bescheid wenden. Wir unterstützen Sie gern.