16.05.2023 09:10 Alter: 340 days
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

Hinzurechnung von Beförderungskosten bei passiver Veredelung

Pandemie-bedingte Lieferengpässe und gestiegene Treibstoffpreise haben das Thema "Beförderungskosten" in den letzten drei Jahren zu dem bestimmenden Thema vieler Logistikabteilungen von Unternehmen gemacht.

Dabei beschäftigt die Unternehmen nicht nur das Problem, wie mit den mitunter explodierenden Kosten umzugehen ist, sondern auch die Frage, inwieweit diese Kosten in den Zollwert einzubeziehen sind. In Fällen, in denen keine Festpreise vereinbart worden sind, ist diese Frage nicht immer leicht zu beantworten.

Grunsätzlich trifft das Zollwertrecht zur Hinzurechnung von Beförderungskosten eine klar erscheinende Regelung: Nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. e) UZK sind dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis (sog. Transaktionswert) die Beförderungs- und Versicherungskosten für die eingeführten Waren bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union hinzuzurechnen. Der Begriff der Beförderungskosten umfasst dabei alle Haupt- und Nebenleistungen, die mit der Beförderung der Waren in Richtung auf das Zollgebiet der EU verbunden sind. Hierzu gehören vor allem Frachten einschließlich besonderer Zuschläge, Speditionskosten und Miete für Beförderungsmittel und Behälter (Traub, in: Witte, UZK, Art. 71 Rn. 64). Zu beachten ist, dass nur die tatsächlich entstandenen Beförderungskosten hinzuzurechnen sind, nicht etwa die handelsüblichen Kosten (Traub, in: Witte, UZK, Art. 71 Rn. 66). Die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten kann von Vorteil sein, wenn Frachtnachlässe gewährt werden, kann aber im Fall sich erhöhender Frachtkosten - wie dies in jüngster Zeit eher der Fall war - zu höheren Zollwerten führen.

Der BFH hatte sich in einem Revisionsverfahren mit der Frage zu beschäftigen, ob eine solche Hinzurechnung auch dann erfolgen muss, wenn Ware im Rahmen eines passiven Veredelungsverfahrens ins Drittland verbracht, dort veredelt und wieder in das Zollgebiet eingeführt wird. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte im Ausgangsverfahren (Urteil vom 11.12.2019 - 4 K 2523/18 Z) eine solche Hinzurechnung bereits bejaht.

Die Kläger hatten eine Hinzurechnung der Beförderungskosten in Frage gestellt, weil Art. 86 Abs. 5 UZK, der die Bemessung des Einfuhrabgabenbetrags bei passiver Veredelung regelt, im Gegensatz zur Vorgängerregelung des Art. 591 UAbs. 3 ZK-DVO nicht auf die Zollwertregelungen verweist:

(5) Entsteht eine Zollschuld für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse oder Ersatzerzeugnisse gemäß Artikel 261 Absatz 1, so wird der Einfuhrabgabenbetrag auf der Grundlage der Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredlungsvorgang bemessen.

Der Bundesfinanzhof hat das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf bestätigt (Urteil v. 01.06.2022 - VII R 3/20). Zwar bestünde die Besonderheit, dass bei der passiven Veredelung an die Stelle des Transaktionswertes die Kosten für den Veredelungsvorgang träten, die übrigen zollwertrechtlichen Regelungen würden durch Art. 86 Abs. 5 UZK jedoch nicht verdrängt. Der BFH zieht zur Begründung vor allem systematische Erwägungen heran: Die zollwertrechtlichen Regelungen seien aufgrund ihrer systematischen Stellung im UZK für alle Einfuhrabgaben anwendbar, soweit nicht in speziellen Vorschriften Abweichendes geregelt sei. Dies sei auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung geboten, denn Beförderungskosten fielen sowohl für Einfuhrwaren als auch für Veredelungserzeugnisse an.

Fazit

Der BFH hat mit dieser Entscheidung eine klare Linie vorgegeben, was die generelle Geltung der zollwertrechtlichen Regelungen für verschiedene zollrechtliche Verfahren angeht. Insbesondere für die Zollwertbemessung bei der Wiedereinfuhr von Waren dürfte diese Frage nun abschließend geklärt sein. Gleichwohl ist in der Praxis die konkrete Berechnung nicht immer ganz so leicht, wie es die gesetzliche Regelung vermeintlich vorgibt. Auch der EuGH hat mit der Lifosa-Entscheidung (EuGH v. 22.04.2021 - C-75/20) nicht gerade für Klarheit gesorgt, in der er entschieden hatte, dass Beförderungskosten nicht hinzuzurechnen seien, wenn diese bereits nach der Lieferbedingung im Kaufpreis enthalten seien und der Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Ware widerspiegele. In diesem Fall hat der EuGH nicht die tatsächlichen Beförderungskosten als entscheidend angesehen, sondern den Fokus darauf gelegt, dass der Rechnungspreis den tatsächlichen Wert der Ware widerspiegeln muss (s. Newsletter September 2022). Vor diesem Hintergrund ist zu begrüßen, dass der BFH eine generelle Klarstellung vorgenommen hat, zumal die gerichtlichen Entscheidungen der letzten Jahre gezeigt haben, dass bei zollwertrechtlichen Fragestellungen die Gestaltung im Einzelfall entscheidend ist.