16.03.2023 11:41 Alter: 1 year
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

LkSG in Kraft – Auswirkungen auf KMU

Seit dem 01.01.2023 ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft – anwendbar auf Unternehmen, die 3.000 Mitarbeiter im Inland beschäftigen. Ab dem 01.01.2024 sinkt dieser Schwellenwert auf 1.000 im Inland, also Deutschland, beschäftigte Mitarbeiter.

Vom Anwendungsbereich des Gesetzes betroffen sind damit augenscheinlich erstmal nur "die Großen".

Dennoch haben viele klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) im Vorbereitungsjahr 2022 die Erfahrung machen müssen, dass sie mittelbar in die Pflichten einbezogen werden, die sich aus dem Gesetz ergeben. Dieser Trend scheint sich aktuell zu verstärken, was wohl der Tatsache geschuldet ist, dass sich mit der Reduzierung des Schwellenwertes zum 01.01.2024 ein weit größerer Anteil an Unternehmen auf diese Pflichten vorbereitet. Viele Mittelständler erhalten von ihren Kunden einen Verhaltenskodex für Lieferanten oder eine Verpflichtungserklärung zur Unterschrift, mit denen sie sich zur Einhaltung verschiedener Pflichten bekennen sollen.

Was steckt dahinter?

Das LkSG verpflichtet die vom Anwendungsbereich betroffenen Unternehmen (im Folgenden: verpflichtetes Unternehmen) dazu, in ihren Lieferketten bestimmte Sorgfaltspflichten zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie bezogen auf die maßgeblichen Geschäftsabläufe ein Risikomanagement etablieren und eine Risikoanalyse durchführen, um etwaige menschenrechtliche und umweltbezogenen Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie bei den unmittelbaren Zulieferern zu ermitteln. Aufgrund dieser Verpflichtung kommen nun die KMU ins Spiel, die häufig unmittelbarer Zulieferer eines verpflichteten Unternehmens sind.

Diese können die ihnen auferlegte Sorgfaltspflicht nur erfüllen, indem sie Informationen vom unmittelbaren Zulieferer einholen, aufgrund derer sie sich ein Bild machen können, wie es dort um den Schutz von Menschenrechten und umweltbezogenen Pflichten steht. Allgemein zugängliche Informationen sind hier nur wenig hilfreich, deshalb muss es "ans Eingemachte" gehen: Einen guten Eindruck erhält ein Verpflichteter durch Vor-Ort-Besuche beim Zulieferer, durch die Vorlage von Zertifizierungen nach anerkannten Standards (z.B. Managementsysteme) oder eben durch das Einholen von Selbstauskünften bei den Lieferanten.

Viele Verpflichtete sind dazu übergegangen, solche Selbstauskünfte in Form von Verpflichtungserklärungen oder Verhaltenskodizes für Lieferanten einzuholen, in denen die Erwartungen an die Zulieferer zum Schutz bestimmter menschenrechtlicher und umweltbezogener Rechtspositionen definiert und diesbezügliche Verpflichtungen festgelegt werden.

Das Gesetz beschreibt verschiedene Präventionsmaßnahmen, die die Verpflichteten gegenüber ihren unmittelbaren Zulieferern zu ergreifen haben:

So müssen schon bei der Auswahl eines Zulieferers die menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen berücksichtigt werden (§ 6 Abs. 4 Nr. 1 LkSG). Zudem gibt das Gesetz vor, dass die Verpflichteten sich vertraglich zusichern lassen, dass der unmittelbare Zulieferer die verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen einhält und entlang der Lieferkette angemessen adressiert (§ 6 Abs. 4 Nr. 2 LkSG). Das Einfallstor für die Einbeziehung der KMU in die Verpflichtungen des LkSG ist damit gegeben!

Insbesondere aus dieser gesetzlichen Vorgabe heraus resultiert das Vorgehen der verpflichteten Unternehmen, ihre Lieferanten in die Pflicht zu nehmen. Durch die Anpassung von Lieferverträgen, die Unterzeichnung von Verpflichtungserklärungen oder von Verhaltenskodizes werden die Pflichten aus dem LkSG an die unmittelbaren Zulieferer in der Lieferkette – häufig KMU – weitergegeben. Diese werden mitunter
verpflichtet, selbst Risikoanalysen durchzuführen, um Risiken bei ihren Lieferanten zu identifizieren oder wiederum ihre Lieferanten vertraglich zur Einhaltung bestimmter menschenrechtbezogener Sorgfaltspflichten zu verpflichten.

Mitunter wird auch durch Vertragsergänzungen festgelegt, dass Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden dürfen, um sicherzustellen, dass die unmittelbaren Zulieferer die vereinbarte Menschenrechtsstrategie umsetzen. Hier können u.a. Vor-Ort-Prüfungen vereinbart werden oder die Durchführung von Audits auch durch unabhängige Auditoren.

Bevor entsprechende Erklärungen oder Vertragsergänzungen unterschrieben werden, sollte genau geprüft werden, ob das vertraglich Verlangte auch erfüllt werden kann. Insbesondere dann, wenn die Durchsetzung der Pflichten mit Vertragsstrafen, Freistellungen oder Schadensersatzklauseln verbunden wird, muss besondere Vorsicht walten!

Wenn Sie unsicher sind oder Fragen zu dieser Thematik haben, sprechen Sie uns gerne an.