11.06.2018 08:22 Alter: 6 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

Neue Handelspolitische Schutzmaßnahmen in Kraft getreten

Mit Datum vom 08. Juni 2018 sind in der Europäischen Union neue handelspolitische Schutzmaßnahmen in Kraft getreten. Eingeführt werden diese Neuerungen mit der Verordnung (EU) 2018/825 vom 30.05.2018, die im EU-Amtsblatt L 143/1 vom 07.06.2018 veröffentlicht wurde. Mit ihr werden die Antidumping-Grundverordnung (VO (EU) 2016/1036) sowie die Verordnung (EU) 2016/1037 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren (Antisubventionsverordnung) geändert. Die neuen Regelungen sind auf alle Untersuchungen anzuwenden, deren Einleitungsbekanntmachung nach dem Inkrafttreten der VO (EU) 2018/825 am 08.06.2018 veröffentlicht wird.

Durch die Neuerungen sollen die Transparenz und Vorhersehbarkeit für europäische Unternehmen bei Antidumping- und Ausgleichszolluntersuchungen verbessert werden (Erwägungsgrund 3). Die Verkürzung des Untersuchungszeitraums von neun auf sieben Monate zielt darauf ab, das Verfahren insgesamt zu beschleunigen. Eine Veränderung der „Regel des niedrigeren Zolls“, die eine Obergrenze für den zu erhebenden Antidumpingzoll vorgibt, soll es der EU ermöglichen, in einigen Fällen höhere Zölle einzuführen. Laut Mitteilung der EU-Kommission gelte dies sowohl für alle Antisubventionsfälle als auch für Antidumpingfälle, wenn Waren eingeführt werden, bei deren Produktion Rohstoffe und Energie mit künstlich niedrig gehaltenen Preisen zum Einsatz kamen.

Mit einem verbesserten Frühwarnsystem sollen die betroffenen Parteien, insbesondere Einführer, vorgewarnt werden, wenn die Einführung vorläufiger Antidumping- bzw. Ausgleichsmaßnahmen bevorsteht bzw. von deren Einführung abgesehen wird. Bei der Prüfung des Unionsinteresses soll künftig allen Unionsherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, nicht nur den antragstellenden Herstellern. Als „Wirtschaftszweig der Union“ gilt daher nunmehr die „Gesamtheit der Unionshersteller von gleichartigen Waren oder der Teil von ihnen, dessen Produktion insgesamt einen erheblichen Teil der gesamten Unionsproduktion dieser Waren ausmacht (Art. 4 Abs. 1 VO (EU) 2016/1036, Art. 9 Abs. 1 VO (EU) 2016/1037).

Die Kommission möchte zudem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zu Handelsschutzinstrumenten mit einer eigenen Informationsstelle für KMU erleichtern (neu geschaffener Abs. 1a zu Art. 5 VO (EU) 2016/1036 bzw. Art. 10  Abs. 1 UA 2 VO (EU) 2016/1037). 

Die Kommission hat ferner mitgeteilt, dass sie bei der Berechnung der möglichen Zölle auch die Kosten für die Einhaltung der Umwelt- und Sozialvorschriften der Union berücksichtigen werde und generell keine Preisverpflichtungen von Ländern akzeptieren werde, die bekanntermaßen die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation und Umweltschutzübereinkünfte nur mangelhaft umsetzten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich erstmals auch Gewerkschaften an Handelsschutzuntersuchungen beteiligen können (Art. 5 Abs. 1 UA 1 AD-GVO).

 

Mit den nun in Kraft getretenen Änderungen wird die seit fünf Jahren ausgearbeitete Reform der handelspolitischen Schutzmaßnahmen der EU abgeschlossen. Bereits im Dezember 2017 war mit der am 20.12.2017 in Kraft getretenen VO (EU) 2017/2321 (EU-Abl. L 338/1 vom 19.12.2017) in einem ersten Schritt eine neue Methode zur Berechnung von Dumpingspannen eingeführt worden sowie die Ausweitung von Konsultationsverfahren bei festgestellten weiteren Subventionen im Ursprungs- und/oder Ausfuhrland im Laufe von Untersuchungsverfahren.                           Verfasserin: Almuth Barkam