29.06.2016 12:27 Alter: 8 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwalt Heiko Panke, Fachanwalt für Steuerrecht

Untätigkeitsklage gegen das BAFA erfolgreich

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat auf eine Untätigkeitsklage der Firma Heckler & Koch GmbH (Klägerin) das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – BAFA (Beklagte) zur Bescheidung eines Antrags der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet.

Im zu entscheidenden Fall beantragte die Klägerin die Erteilung einer Genehmigung zur Ausfuhr von Druckfedern für das Gewehr G36 sowie diverser Einzelteile für dieses nach Saudi-Arabien. Bei den Gütern handelt es sich um Waffenbauteile für das automatische Gewehr G36 zur Herstellung oder Reparatur von den in Saudi-Arabien in Lizenz hergestellten Waffen.

Das BAFA leitete den Antrag im Februar 2014 zur internen Abstimmung an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie an das Auswärtige Amt weiter und teilte der Klägerin zugleich mit, dass sich die Bearbeitungsdauer des Antrags aufgrund der Beteiligung der zuständigen Bundesministerien verlängere. Nachdem die Klägerin im Juli 2015 das BAFA erfolglos zur Bescheidung des Antrags aufgefordert hatte, erhob sie im August 2015 Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main. Nachdem das BAFA vorgetragen hatte, dass eine Entscheidung nur unter Einbindung aller beteiligten Dienststellen und Ministerien getroffen werden könne und ggfs. der Bundessicherheitsrat mit der Angelegenheit befasst werden müsste, setzte die Kammer das Verfahren mit Beschluss im Januar 2016 für die Dauer von zwei Monaten aus.

Nach Ablauf der gesetzten Frist setzte die Klägerin das Verfahren fort. Sie führte aus, dass es keinen sachlichen Grund für eine Nichtbescheidung des Antrags gebe und bei der zur Genehmigung gestellten Lieferung handele es sich um Ersatzteile für bereits vorhandene Waffen bzw. um einen Vorrat für Reparaturen, sowie um – für sich genommen nicht dem Kriegswaffenkontrollrecht unterliegende – zuzuliefernde Teile für Waffen, die Saudi-Arabien insgesamt selbst in der dortigen Fabrik fertigen wolle.

Sie war zudem der Ansicht, dass das BAFA ihr mit einem Bescheid aus dem Juli 2006 eine Zusicherung nach § 38 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) erteilt habe, auch künftig für die Ausfuhr von Rohmaterial, Rohteilen, unfertigen Erzeugnissen und Bauteilen für das automatische Gewehr G36 sowie von Herstellungs-, Ausrüstungs- und Technologieunterlagen nach Saudi-Arabien eine Genehmigung zu erteilen. Das an die Klägerin adressierte Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie aus dem Monat März 2007, das in englischer Sprache verfasst war, sei als Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG anzusehen. Sie trug ferner vor, dass die Genehmigungspraxis der Beklagten widersprüchlich und im Ergebnis willkürlich sei. Zwischenzeitlich habe der Bundessicherheitsrat getagt und sie, die Klägerin, habe auch unter Berücksichtigung der Zusicherungen, einen Rechtsanspruch auf die beantragte Genehmigung.

Das BAFA war der Auffassung, dass die eingetretene zeitliche Verzögerung bei der Entscheidungsfindung auf einem zureichenden Grund basiere. Das automatische Gewehr G36 unterliege insgesamt dem Kriegswaffenkontrollgesetz und mit den beabsichtigten Ausfuhren würde ein Beitrag zur Herstellung automatischer Gewehre in Saudi-Arabien geleistet und der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten zum Export von Schusswaffen unterstützt. Solch sensible Vorgänge bedürften einer Beteiligung der sicherheitsrelevanten Resorts sowie der politischen Ebene. Politische Umwälzungen in der Region bedürften der Beobachtung und einer sorgfältigen Abwägung der Gründe für und gegen eine Genehmigungsentscheidung. In diesem Zusammenhang sei auch eine Prognose der Entwicklungen notwendig. Es sei zu entscheiden, ob die Erteilung der beantragten  Genehmigung geeignet wäre, eine Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Außenpolitische Sensibilitäten wären zudem zu berücksichtigen, die in Einzelfällen aus staatswohl- und bündnispolitischen Gründen ausnahmsweise das Aufschieben einer Entscheidung anstelle einer Ablehnung erfordern könnten. Das BAFA könne eine Gefährdung auswärtiger Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland derzeit noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen und hier käme bei der zu treffenden Genehmigungsentscheidung ein weiter Bewertungsspielraum zu. Die Bewertung sei noch nicht abgeschlossen, da politische Umwälzungen in der Region andauerten. Darüberhinaus sei der Klägerin noch keine Zusicherung erteilt worden, die zudem bei einer Änderung der Sach- und Rechtslage automatisch außer Kraft trete. Bei dem Schreiben an die Klägerin im Juli 2006 habe es sich nicht um eine Garantieerklärung dahingehend gehandelt, dass künftig unbefristet Genehmigungen zur Ausfuhr von Bestandteilen eines Gewehrs G36 zur Fertigung oder Reparatur erteilt werden würden. 

Die fünfte Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat nunmehr mit Urteil vom 23.06.2016 das BAFA zur Bescheidung des Antrags der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet.

Das Gericht führte zur Begründung aus, dass die weitreichende politische Einschätzungsprärogative des dem BAFA vorgesetzten Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und der Bundesregierung, deren gerichtliche Überprüfung nur in engen Grenzen möglich ist, dem BAFA als der für die Erteilung der begehrten Ausfuhrgenehmigung zuständigen Behörde im Hinblick auf die Regelungen des VwVfG und der Verwaltungsgerichtsordnung nicht die Möglichkeit eröffne, zu einem – zeitlich unbegrenzt – Aufschieben der beantragten Entscheidung. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Antragsteller mit einem weiteren Zuwarten nicht einverstanden ist gelte dies. Eine Rechtsgrundlage ergebe sich auch nicht aus den Regelungen des Außenwirtschaftsgesetzes.

 

Nach Auffassung der Kammer wird das BAFA unter Berücksichtigung der im Juli 2006 erteilten Zusicherung vielmehr im Rahmen der von ihr zu treffenden Entscheidung eine allein ihr obliegende Bewertung der Sach- und Rechtslage im Jahre 2006 im Vergleich zur Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Juni 2016 vorzunehmen haben. Im Rahmen der weitreichenden Einschätzungsprärogative obliege ihr insoweit auch die politische Bewertung der aktuellen Sachlage im Vergleich zum Zeitpunkt der erteilten Zusicherung. Im Hinblick auf die weitreichende Einschätzungsprärogative scheide aus Sicht des Gerichts eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Ausfuhrgenehmigung aus. Es hob hervor, dass es nicht rechtstaatlichen Grundsätzen entspricht ein eingeleitetes Verwaltungsverfahren ohne sachlichen Grund fortzusetzen und nicht durch eine Sachentscheidung abzuschließen. 

 

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht die Berufung zugelassen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.