10.12.2019 12:38 Alter: 4 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

Zollwert von Umschließungen

Das FG Hamburg hat jüngst über die Frage entschieden, ob Kosten für die Gestaltung von Klebeetiketten für Einzelhandelsverpackungen, die der Käufer einer Einfuhrware an inländische Werbeagenturen gezahlt hat, im Zollwert der eingeführten Ware zu berücksichtigen sind.

Die Frage, ob Kosten für gestalterische Leistungen, die in der Europäischen Union erbracht werden, in den Zollwert einer Einfuhrware einzubeziehen sind, stellt sich immer wieder für die Einführer von Waren im Zusammenhang mit der Bemessung des Zollwerts einer Einfuhrware und ist ein häufiger Angriffspunkt in Zollprüfungen.

Die Einbeziehung dieser Leistungen in den Zollwert ist vor allem dann umstritten, wenn die Designleistung in der Europäischen Union erbracht und vom Käufer vergütet und sodann von diesem dem Hersteller im Drittland kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Denn das Zollwertrecht hält mit Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. iv) UZK einen eigenen Tatbestand vor, wonach solche Leistungen nicht in den Zollwert einzurechnen sind, wenn die in der EU erbrachte Gestaltungsleistung der Einfuhrware kostenlos beigestellt wird (sog. geistige Beistellung).

In dem vom FG Hamburg entschiedenen Fall (18.06.2019 – 4 K 177/16) führte die Klägerin konservierte Lebensmittel und Tiefkühlprodukte in Konserven, Polybeuteln oder Kartons aus China in die europäische Union ein. Diese Verpackungen waren mit aufgeklebten Papieretiketten versehen, die die Lieferanten unter Verwendung von Druckvorlagen hergestellt hatten, die ihnen von der Klägerin kostenlos zur Verfügung gestellt worden waren. Die Druckvorlagen wurden von verschiedenen Werbegrafikdesignstudios in Deutschland erstellt, die von der Klägerin beauftragt und bezahlt worden waren. Im Rahmen einer Zollprüfung bei der Klägerin erhob das beklagte Hauptzollamt Einfuhrabgaben nach mit der Begründung, dass die anteiligen Umschließungskosten für die Designentwürfe/Druckvorlagen für die Aufklebeetiketten in den Zollwert einzubeziehen seien.

Die Klägerin wendete sich gegen die Nacherhebung mit Einspruchs- und anschließendem Klageverfahren, in dem sie u.a. vortrug, dass es sich bei den Etikettenkosten nicht um Umschließungskosten i.S.v. Art. 32 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. ii) ZK (entspricht Art. 71 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. ii) UZK) handele, weil es sich bei den streitigen Etiketten nicht um Verpackungen , sondern um auf die Importware zusätzlich aufgebrachte Etiketten handele. Die Etiketten fielen allenfalls in den Anwendungsbereich der Hinzurechnungsvorschrift des Art. 32 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. iv) ZK (Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. iv) UZK, wonach geistige Beistellungen jedoch dann nicht zu berücksichtigen seien, wenn sie in der EU erbracht wurden.  

Das FG Hamburg sah die Etiketten als Bestandteil der Umschließungen an, denn diese bildeten eine untrennbare Einheit mit den die Ware umschließenden Behältnissen – also den Konserven, Kartons und Polybeuteln. Die für die Gestaltungsleistung der Etiketten aufgewendeten Kosten seien der Klägerin entstanden und damit nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. ii) ZK zollwertrelevant, denn der in dieser Vorschrift verwendete Begriff „Kosten von Umschließungen“ umfasse alle im Zusammenhang mit Umschließungen entstandenen Kosten.

Die Gestaltungskosten könnten auch weder unmittelbar nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. iv) ZK noch in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus dieser Vorschrift als nicht zollwerterhöhend bewertet werden. Die Gestaltungsleistungen seien nicht für die Herstellung der Einfuhrware notwendig gewesen – auf diese beziehe sich aber der Hinzurechnungstatbestand nach Buchst. b) Ziff. iv) – , sondern für die Herstellung der Etiketten als Teil der Umschließungen. Eine allgemeine Privilegierung von in der EU erarbeiteter geistiger Leistungen sehe Art. 32 ZK (Art. 71 UZK) nicht vor, sondern eine Privilegierung sei nur für den in Buchst. b) Ziff. iv) geregelten Hinzurechnungstatbestand vorgesehen.

Fazit:

Das FG Hamburg hat in dieser Entscheidung die zollwertrechtliche Praxis der Zollverwaltung bestätigt, wonach sämtliche Kosten in den Zollwert einzubeziehen sind, auch wenn diese der Herstellung der Einfuhrware vorgelagert und durch Leistungen innerhalb der Europäischen Union entstanden sind, sofern nicht der Ausnahmetatbestand greife. Das Gericht hat in seinem Urteil sogar explizit Stellung bezogen, dass es darin keinen Wertungswiderspruch sehe zur bisherigen Rechtsprechung des Senats, wonach im Zweifel nur diejenige Wertschöpfung erfasst werden solle, die außerhalb des Zollgebiets der Union erbracht wurde. Nach Auffassung des Gerichts fließe die in der Union erfolgte Wertschöpfung in die außerhalb der Union liegende Wertschöpfung der Umschließungen mit ein.

Der Einführer, der Zollwerte bemessen muss, bleibt angesichts dieser Differenzierungen mitunter ratlos zurück, denn die Abgrenzung, ob eine geistige Leistung zu den Umschließungskosten zählt, als Materialbeistellung oder als geistige Beistellung im Sinne der „Ausnahmeregelung“ zu qualifizieren ist, fällt angesichts moderner Produktionsverfahren - wie in diesem Fall bei einem Etikettendruck - oftmals schwer.

Gegen die finanzgerichtliche Entscheidung wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, möglicherweise gehen die Fragestellungen daher noch in die nächsthöhere Instanz, wenn der BFH die Revision zulässt (Akz. des BFH: VII B 90/19).

Verfasserin: Rechtsanwältin Almuth Barkam