28.02.2024 15:06 Alter: 64 days
Kategorie: Außenwirtschaft
Von: Rechtsanwalt Stefan Dinkhoff

UFLPA: Die Lieferketten-Problematik aus dem US-Gesetz zur Verhinderung uigurischer Zwangsarbeit

Verschiedene Medien (etwa die SZ, s. Web-Link unten) berichteten jüngst über Tausende auf der Grundlage eines US-Gesetzes in US-Häfen festsitzende Fahrzeuge des VW-Konzerns, das die Einfuhr von Gütern verbietet, die auch nur teilweise in der Region Xinjiang oder von bestimmten gelisteten Unternehmen produziert wurden. Problematisch soll ein kleines Teil in der Steuereinheit sein, das aus Westchina von einem Zulieferer stamme, der VW selbst auf das Problem aufmerksam gemacht habe. Derartige Lieferketten-Problematiken stellen sich aktuell nicht nur VW. Und sie stellen sich durchaus auch auch dann, wenn das nunmehr in Kenntnis gesetzte Unternehmen bislang gutgläubig war:

Hintergrund ist ein neueres US-amerikanisches Gesetz, der Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA): Nach Section 3(a)(1) UFLPA gilt die widerlegbare Vermutung, dass Güter, die ganz oder teilweise (!) in der Region Xinjiang-Uigur abgebaut oder produziert oder von einem Unternehmen auf der “UFLPA Entity List“ produziert wurden, gemäß 19 U.S.C. § 1307 von der Einfuhr in die USA ausgeschlossen sind Derartige Güter sind in keinem US-Häfen zur Einfuhr zugelassen (Section 3(a)(2)). Die “UFLPA Entity List“ ist übrigens nicht mit der “Entity List“ des BIS zu verwechseln.

Auch andere DE/EU-Unternehmen müssen für sich aktuell klären, wie sie damit umgehen, wenn sie nachträglich (und bis dato gutgläubig) erfahren, dass Komponenten ihrer Zulieferer, wie bei einer russischen Matrjoschka-Puppe, ihrerseits Komponenten eines in der UFLPA Entity List gelisteten Vorlieferanten enthielten.

Dass unverzüglich Abhilfemaßnahmen bzgl. weiterer Belieferung zu ergreifen sind, liegt auf der Hand. Doch was ist mit der gutgläubig erworbenen bzw. bereits mit Vorprodukten produzierten Altware? Sollten nicht (in die Zukunft gerichtet) die eigenen Verträge angepasst werden? Und haben wir nicht als Zulieferer einen "LkSG-Code of Conduct" unterschrieben (obwohl selbst nicht unmittelbar LkSG-verpflichtet)? Ergeben sich Informationspflichten, etwa aus Gesetz, dem "LkSG-Code of Conduct" oder sonstigen (vertraglichen) Vereinbarungen? Müssen wir Schadenersatz-Verpflichtungen befürchten bzw. ergeben sich Freistellungsansprüche gegen andere in Bezug auf eigene Schadenersatz-Verpflichtungen? Keine trivialen Fragen, mit denen wir uns zuletzt im Detail beschäftigt haben.

Dem Wortlaut nach könnte man versucht sein, zu meinen, dass aus US-Sicht im Ausland hergestellte Güter, die "lediglich" (vlt. sogar auch lediglich “mittelbar“) derartige Komponenten enthalten, nicht als Güter gelten, die i.S.d. UFLPA „teilweise von einem Unternehmen auf der UFLPA Entity List produziert oder hergestellt wurden“. Dem treten die Auslegungshinweise der zuständigen US-Behörde jedoch ausdrücklich entgegen: "This includes goods produced in other parts of China or in other countries that incorporate goods that were produced in Xinjiang or by entities on the UFLPA Entity List." Das US-Importverbot nach UFLPA greift danach also bereits, wenn entspr. Komponenten lediglich objektiv enthalten sind. Auf den handelspolitischen Ursprung der Ware kommt es danach nicht an. Damit gilt es umzugehen.

Neben LkSG-Anwendungsthemen fragt sich v.a., welche Rechtsfolgen bzw. Pflichten sich v.a. zivil-/haftungsrechtlich nach DE/EU-Recht ergeben, wenn z.B. Kenntnis von der objektiven “Vorlieferanten-Lieferketten-Involvierung“ eines Unternehmens besteht, das aus Sicht der gut informierten US-Regierung mit der Regierung der Region Xinjiang-Uigur zusammenarbeitet, um Zwangsarbeiter oder Uiguren, Kasachen, Kirgisen oder Angehörige anderer verfolgter Gruppen aus der Region Xinjiang-Uigur anzuwerben, zu befördern, zu verlegen, zu beherbergen oder zu empfangen (vgl. UFLPA-Entity-List-Kriterien Section 2(d)(2)(B)(ii) UFLPA).

Für die Zukunft kann ein wesentlicher Teil der Lösung darin liegen, die eigenen Verträge anzupassen (+ Code of Conduct). Allein nach BGB/HGB/CISG können Sie sich nicht auf US-Recht berufen.

SZ vom 15. Februar 2024: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/volkswagen-autos-hafen-usa-zwangsarbeit-china-zoll-1.6362741