21.03.2023 10:50 Alter: 1 year
Kategorie: Außenwirtschaft
Von: Rechtsanwältin Julia Gnielinski

Die Rechtmäßigkeit der Treuhandverwaltung bei Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig (BVerwG, 8 A 2/22) hat am 14.03.2023 über die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Treunhandverwaltung bei Rosneft Deutschland GmbH und die RN Refining & Marketing GmbH im September 2022 entschieden.

Infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine durfte die Bundesregierung die deutschen Tochtergesellschaften der in Luxemburg und Moskau ansässigen russischen Ölkonzerns Rosneft unter die Kontrolle der Bundesnetzagentur stellen. Rosneft Deutschland GmbH, der unter anderem an der PCK-Raffinerie GmbH in Schwedt beteiligt ist und die Grundversorgung des Nordostens Deutschland mit Mineralölprodukten sichert, zählt zu einem der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland mit rund 12 Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität.

Zunächst wandte sich Rosneft Deutschland GmbH im März 2022 an das Bundesminsterium für Wirtschaft, weil die Geschäftspartner die weitere Zusammenarbeit aus sanktionsrechtlichen Gründen verweigerten, wegen dieser „Overcompliance“ drohe Insolvenz. Das Ministerium erläuterte in einem Letter of Comfort, dass inländisch Tochtergesellschaften nicht unter die EU-Sanktionsregeln fallen und betonte die Bedeutung für die Versorgungssicherheit. Einer späteren Bitte um einen neuen Letter of Comfort kam das Bundesministerium nicht nach. Gegen die Anordnung von einer Treuhandverwaltung warnte Rosneft Deutschland GmbH vor russischen Gegenmaßnahmen, wie den Abzug von Kapital. Am 14.09.22 stellte das Bundeswirtschaftsministerium Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung der Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen.

Nach § 17 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) können Unternehmen unter Treuhandverwaltungen gestellt werden, wenn sie kritische Infrastrukturen im Energiebereich betreiben. Sie darf dann Geschäftsführer bestellen und abberufen und ihnen Weisungen erteilen. Hierfür muss eine konkrete Gefahr vorliegen, dass das Unternehmen ohne eine Treuhandverwaltung seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.

Durch die Treuhandverwaltung hat die Bundesnetzagentur somit auch die Kontrolle über deren Beteiligung an den drei Raffinerien übernommen. Begründet wird diese Treuhandlösung damit, dass sonst die konkrete Gefahr bestehe, dass Rosneft Deutschland seine Aufgabe im Energiesektor nicht mehr erfüllen könne und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit drohe.

Das Bundesverwaltungsgericht folgte der Argumentation des Bundeswirtschaftsministeriums, dass drohender Kapitalabzug durch den Mutterkonzern einen baldigen Zusammenbruch der beiden Tochtergesellschaften in Deutschland gegeben hätte, so die Prognose der Lage im September. Das schnelle Handeln sei nötig gewesen, um die Energieversorgung sicherzustellen. Zudem haben Banken und Versicherungen die weitere Zusammenarbeit mit den deutschen Rosneft Töchtern über das sanktionsrechtlich Geforderte hinaus verweigert, weshalb auch die Geschäftstätigkeit durch „Overcompliance“ gefährdet gewesen sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hält die möglichen Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG für verhältnismäßig. Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht betroffen, da die Anordnung keine entschädigungspflichtige Inhalts – und Schrankenbestimmung des Eigentums an den Gesellschaftsanteilen darstelle.

Es sei verhältnismäßig, da die „Bedeutung des Gemeinguts der Versorgungssicherheit von der Sozialbindung des Eigentums gedeckt sei“.

Im Anschluss an diese Entscheidung verlängerte das Bundeswirtschaftsministerium die Anordnung der Treuhandverwaltung wird um weitere sechs Monate – so bleibt der Mutterkonzern aus Moskau zwar der Eigentümer der deutschen Tochtergesellschaften, hat aber momentan keinen Einfluss mehr auf die Geschäfte.

Pressemittelung des BVerG Nr. 20/2023 vom 14.03.2023
BVerwG 8 A 2.22 - Urteil vom 14. März 2023