05.03.2022 11:34 Alter: 2 yrs
Kategorie: Außenwirtschaft
Von: Rechtsanwältin Frederike Helmert; Rechtsanwalt Dr. Ulrich Möllenhoff

EU Russland Embargos - ein Überblick

Die aktuellen Entwicklungen in Russland und der Ukraine haben bereits jetzt zu einer Vielzahl von Sanktionen gegen Russland geführt.

Insgesamt wurden mittlerweile vier Sanktionspakete beschlossen und in insgesamt 10 Amtsblättern der Europäischen Union veröffentlicht.

Das erste Sanktionspaket, welches am 23.02.2022 veröffentlicht wurde, beinhaltet erste grundlegende Sanktionen gegen Russland. Beschlossen wurde eine enorme Ausweitung der personenbezogenen Sanktionen (Regierungsmitglieder, die in dem Verdacht stehen, Präsident Putin zu unterstützen, Personen und Körperschaften, die zur Untergrabung oder Bedrohung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine beigetragen haben). Ebenso wurden Beschränkungen und Fähigkeiten des russischen Staats und der russischen Regierung zum Zugang an den Kapital- und Finanzmärkten und -dienstleistungen der EU beschlossen. Im Einzelnen sehen die neuen Verordnungen folgende Maßnahmen vor:

  • restriktive Maßnahmen (Einfrieren von Vermögenswerten, Verbot der Bereitstellung von Geldern und Reiseverbote) gegen alle 351 Mitglieder der russischen Staatsduma, die am 15. Februar für die Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten Republiken gestimmt haben;
  • restriktive Maßnahmen gegen 27 Personen und Einrichtungen (einschließlich Banken und Geschäftsleute) wegen ihrer Rolle bei der Untergrabung oder Bedrohung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine;
  • Einfuhrverbote für Waren aus den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten in den Oblasten Donezk und Luhansk; Handels- und Investitionsbeschränkungen für bestimmte Wirtschaftsbereiche;
  • Verbot der Erbringung touristischer Dienstleistungen;
  • Ausfuhrverbote für bestimmte Güter und Technologien;
  • ein sektorales Verbot der Finanzierung der Russischen Föderation, ihrer Regierung und der Zentralbank.

Durch das zweite Sanktionspaket vom 25.02.2022 soll der Druck auf Russland und dessen Wirtschaft weiter wachsen. Die neuen Sanktionen betreffen den Finanz-, Verteidigungs-, Energie- und Transportsektor. Weiter richteten sich die Sanktionen erstmals direkt gegen Präsident Wladimir Putin und seinen Außenminister Sergej Lawrow persönlich. Darüber hinaus richten sich die Sanktionen gegen Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates der russischen Föderation. Ebenso sind tiefgreifende Änderungen hinsichtlich der Visa Bestimmungen beschlossen worden, indem das bilaterale Abkommen mit Russland eingestellt wurde. Auch wurden die warenbezogenen Sanktionen, Ausfuhrverbote von Dual-Use-Gütern, verschärft und sind nun nicht mehr abhängig von einer militärischen Verwendungsabsicht. Auch ist es nun verboten, Güter und Technologien an Russland zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder sie dorthin auszuführen, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen können, vgl. Art. 2a Verordnung (EU) Nr. 883/2014 n.F. mit neuem Anhang VII.

Das dritte Sanktionspaket vom 28.02.2022 erweiterte die Personen und Organisationsliste um weitere 30 Positionen. Die Sanktionen richten sich gegen Personen und Organisationen, die den Krieg in der Ukraine unterstützen. Ebenfalls haben viele Staaten gemeinsam beschlossen, Russland in Form eines Teilausschlusses aus dem internationalen Zahlungsdienstleistungssystem SWIFT zu sperren und damit die wohl stärkste Wirtschaftssanktion beschlossen. Dieser Teilausschluss dürfte dazu führen, dass große Teile des Handelsverkehrs Russlands stark eingeschränkt werden. Lediglich Banken, die für die Abwicklung von Zahlungen für Energielieferanten, für die Bezahlung russischer Schulden und Banken, deren europäische Partner- Kreditinstitute ansonsten gravierende Schäden zu befürchten hätten, sind bislang von dem Ausschluss ausgenommen. Die EU hat ihren Luftraum für Flugzeuge russischer Luftfahrtunternehmer sowie von natürlichen oder juristischen Personen in Russland geschlossen.  

Ein viertes Sanktionspaket, mit dem weitere Personen auf die Sanktionsliste aufgenommen wurden, wurde ebenfalls bereits am 28.02.2022 erlassen.

Auch sind weiter die bereits bestehenden Sanktionen zu beachten, welche seit längerer Zeit gelten. So wurde am 31. Juli 2014 durch den Rat der Europäischen Union der Beschluss 2014/512/GASP und die Verordnung (EU) Nr. 833/ 2014 erlassen und diese mit den Verordnungen (EU) Nr. 960/2014 und (EU) Nr. 1290/ 2014 um weitere Beschränkungen bzw. Präzisierungen ergänzt.

Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 statuiert zudem Beschränkungen des Zugangs für bestimmte russische Unternehmen zum Kapitalmarkt der Europäischen Union. Solche kapitalmarktbezogenen Sanktionen sind darauf gerichtet, bestimmte Personen gezielt vom Zugang zum Kapitalmarkt der EU auszuschließen.

Daraus folgt zum gegenwärtigen Zeitpunkt folgender Stand bei den Sanktionen in der EU (Stand 03.03.2022):

  1. Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Verbringung und der Ausfuhr im Bezug auf sämtliche Dual-Use-Güter, wie sie sich aus Anhang I der EU-Dual-Use-VO ergeben. Bereits der Vertragsschluss, also die Abgabe eines Angebotes fällt unter das Verbot.
  2. Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Verbringung und der Ausfuhr im Bezug auf die Güter, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen können, entsprechend Anhang VII der Verordnung (EU) 833/2014.
  3. Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Verbringung und der Ausfuhr im Bezug auf die Güter, die zur Ölraffination verwendet werden können, Anhang X der Verordnung (EU) 833/2014.
  4. Verbot sämtlicher Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen im Bezug auf vorgenannte Güter
  5. Für Ziff. 1-4 gibt es Ausnahmegenehmigungsmöglichkeiten aus humanitären oder sonstigen Gründen und bei Altverträgen, die bis zum 25. Februar 2022 geschlossen wurden unter der Voraussetzung einer Antragstellung bis zum 1. Mai 2022 an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.
  6. Umfassende Bereitstellungsverbote gegen zahlreiche gelistete Personen, Organisationen und Einrichtungen, insbesondere aus den Anhängen der Durchführungsverordnungen (EU), 2022/259, 2022/260, 2022/261, 2022/330, 2022/332 und 2022/336 zu entnehmen, die ihrerseits wieder die Grundverordnungen verändern (Verordnung (EU) Nr. 269/2014).
  7. Umfassende Im- und Exportverbote in Bezug auf die besetzten Gebiete der Ukraine, Verordnung 2022/263 vom 23. Februar 2022. Die Verordnung gilt in Bezug auf Donezk und Luhansk. Zudem wurden die bereits bestehenden Verordnungen (EU) 833/2014 und 269/2014 angepasst.
  8. Beschränkungen der Luftfahrt nach Verordnung (EU) 2022/334.
  9. Swiftsperren in Bezug auf einzelne russische Banken, Verordnung 2022/345 des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014.
  10. Weitere Sanktionen im Bezug auf Weißrussland durch Durchführungsverordnung 2022/353, VO (EU) 2022/300, VO (EU) 2022/355.

Verstöße gegen die Verordnungen, die sofort gültig sind, werden hoch bestraft. Nach § 18 AWG steht auf eine Verletzung Haft. Insofern sind Unternehmen und ihre Geschäftsleitungen gezwungen, sich unmittelbar mit den Voraussetzungen der Beschränkungen und Verbote zu befassen und diese umzusetzen.

Detailliertere Informationen finden Sie auch in unserem Infoletter März. Außerdem  unterstützen wir Sie gern.