16.03.2023 12:05 Alter: 1 year
Kategorie: Außenwirtschaft
Von: Rechtsanwältin Julia Gnielinski

EuG zu Sanktionen gegen Russland/Prigoschin – Mutter

Die erste Entscheidung des EuG über eine personelle Sanktion im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Seit 2014, der gewaltsamen Aneignung der Krim gibt es auch personelle Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland. Am 23.02.2022 wurde der Kreis der sanktionierten Personen erheblich erweitert durch die DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/260 DES RATES. Im Februar 2023 standen 1.267 Personen auf dieser Liste. Das Vermögen der gelisteten Personen wird eingefroren und es gilt ein Einreiseverbot in die EU – Staaten.

Die Mutter von Jewgeni Prigozhin, Chef des russischen Söldner-Unternehmens Wagner, der mit seiner eigenen Söldner-Firma Wagner am militärischen Angriff auf die Ukraine beteiligt ist und führte zuletzt einen brutalen Krieg auf die ostukrainische Stadt Bachmut.

Sie klagte erfolgreich gegen die folgende Aufnahme in die EU-Sanktionsliste:

„Violetta Prigozhina ist die Mutter von Yevgeny Prigozhin und Eigentümerin von Concord Management and Consulting LLC, das zur Concord Group gehört, die von ihrem Sohn gegründet wurde und sich bis 2019 in dessen Besitz befand. Sie ist Eigentümerin weiterer Unternehmen mit Verbindungen zu ihrem Sohn. Sie steht in Verbindung mit Yevgeny Prigozhin, der für die Entsendung von Söldnern der Wagner Group in die Ukraine verantwortlich ist und seit der rechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland und der Besetzung der Ostukraine durch von Russland unterstützte Separatisten von umfangreichen öffentlichen Aufträgen des russischen Verteidigungsministeriums profitiert. Sie hat daher Handlungen und politische Strategien unterstützt, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben.“

Sie erhielt ein Einreiseverbot und ihr Vermögen in der EU wurde gegebenenfalls eingefroren, nachdem ihr vorgeworfen wurde, sie habe „Handlungen und politische Strategien unterstützt, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben“. Das EuG entschied jedoch, auch wenn Jewgeni Prigoschin für die Handlungen verantwortlich sei, ein reines Verwandtschaftsverhältnis zum Söldner-Chef nicht ausreichende Grundlage für Sanktionen ist. Zudem habe sie das Eigentum ihres Sohnes schon 2017 wieder aufgegeben, auch wenn sie daran noch Anteile halte.

Das eigentliche Ziel der Sanktion bestehe darin, Jewgeni Prigoschin indirekt zu treffen, welcher von der EU als „prominenter russischer Geschäftsmann mit engen Verbindungen zu Präsident Putin und dem russischen Verteidigungsministerium“ bezeichnet und für die Entsendung von Söldnern seines Unternehmens in die Ukraine verantwortlich gemacht wird. Des Weiteren geht ein Vorwurf gegen ihn, dass er von russischen Entscheidungsträgern profitiert habe, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich sind. Laut EU habe er auch das Unternehmen Konkord gegründet, welches nach der Annexion durch von Russland unterstützte Separatisten umfangreiche öffentliche Aufträge vom russischen Verteidigungsministerium erhalten haben soll.

Das Europäische Gericht erklärte ihre Aufnahme in die Sanktionsliste für nichtig.

Mit diesem Urteil stellte das EuG klar, dass personelle Sanktionen nicht pauschal auf Angehörige von Entscheidungsträgern und Oligarchen ausgeweitet werden dürfen und dagegen eine rechtstaatliche gerichtliche Kontrolle möglich ist. Weitere 103 Klagen gegen die Sanktionsbeschlüsse im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg wurden in Luxemburg bereits eingereicht.

Allerdings ist dieses Urteil noch nicht letztinstanzlich, es kann vom Rat der Mitgliedstaaten vor dem EuGH noch angefochten werden.

Siehe hierzu auch: Pressemitteilung des EuG vom 08.03.2023

https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2023-03/cp230043en.pdf