08.12.2022 10:24 Alter: 1 year
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Möllenhoff

Auswirkungen des Jahressteuergesetzes 2022 auf das Schenken und Erben von Immobilien

Die Bundesregierung hat im Oktober ihren Gesetzentwurf für das Jahressteuergesetz 2022 zur Beratung im Bundestag vorgelegt, der jetzt auch die Bewertung von Immobilien, die vererbt oder verschenkt werden, miteinbezieht. Das Jahressteuergesetz wird voraussichtlich im Dezember 2022 verabschiedet und soll nach Verkündung des Gesetzes für alle Übertragungen nach dem 31.12.2022 gelten.

Bereits im Jahr 2006 hatten die Richter des Bundesverfassungsgerichts das geltende Erbschaftssteuergesetz in Bezug auf die Besserstellung des Vererbens von Immobilien für verfassungswidrig erklärt und verlangt, dass Immobilien bei Erbschaften und Schenkungen marktgerechter bewertet werden müssen – ihre Bewertung also dem tatsächlichen Verkehrswert entsprechen soll (1 BVL 10/02). Dabei ging es dem Gericht von Anfang an nicht um die Freibeträge, sie bleiben unangetastet. Dem Gesetzgeber wurde aber noch eine Übergangsfrist bis zur Neuregelung zugebilligt.

Ab 2023 soll diesem Verlangen durch Art. 12 des geplanten Jahressteuergesetzes 2022 nachgekommen werden, indem die Vorschriften, die für die Bewertung von Immobilien maßgeblich sind und damit die Grundlage für die Berechnung der Steuer sind, geändert werden. Immobilienwerte sollen auch für steuerliche Zwecke möglichst dem gemeinen Wert, also dem Verkaufswert, nach der Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14. Juli 2021 angepasst werden.

Neue Bewertung von Immobilienwerten

Die neue Bewertung von Immobilien richtet sich nach Daten aus Gutachterausschüssen, die sich am Verkehrswert orientieren. Dies führt in der Regel bei attraktiven Wohnlagen wie in begehrten Innenstadtlagen mit hohen Bodenpreisen zu einer Erhöhung des Bezugswertes für die Schenkungs- und Erbschaftssteuer.

Steigen des steuerpflichtigen Erwerbs

Die höhere Bewertung der Immobilien führt auch dazu, dass die Freibeträge bei nahen Angehörigen schneller überschritten werden, demnach der steuerpflichtige Erwerb steigt und eine höhere Schenkungsteuer zu zahlen ist. Die steuerlichen Freibeträge richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen dem Übertragenden und dem Erwerber. Sie betragen für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner 500.000 EUR, für Kinder, Stiefkinder und im übrigen Enkel (wenn die Eltern verstorben sind) 400.000 EUR, für Enkel 200.000 EUR, für Groß-/Eltern im Erbfall 100.000 EUR, für die Übrigen 20.000 EUR. Die Freibeträge und Steuersätze für die Erbschafts- und Schenkungssteuer sollen unverändert bleiben. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, alle zehn Jahre die Freibeträge auszuschöpfen und die Immobilie in Teilen innerhalb der geltenden Freibeträge zu übertragen.

Sonderregeln für das Familienheim

Unabhängig von der neuen Bewertung des Immobilienwertes kann das Familienheim steuerfrei an den Ehepartner übertragen werden. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für die Kinder. Ein steuerlicher Vorteil ist es demnach, wenn das Familienheim beiden Eheleuten gehört, denn jeder von ihnen kann an jedes Kind 400.000 Euro steuerfrei verschenken.

Eine Sonderregelung gibt es jedoch auch für die Kinder. Das Kind muss auf das Familienheim keine Erbschaftsteuer zahlen, auch wenn die Freibeträge überschritten werden, sofern es mindestens 10 Jahre in der Immobilie wohnen bleibt und diese eine Größe von 200 Quadratmetern nicht überschreitet.

Eine weitere Option liegt darin, bei der Schenkung einer Immobilie an die Kinder einen Nießbrauch zu vereinbaren und so den Wert der Immobilie zu reduzieren. Ein Nießbrauch berechtigt die Eltern, die Immobilie dauerhaft zu bewohnen oder zu vermieten. Der Wert des Nießbrauchs berechnet sich vereinfacht aus der Kaltmiete und einem Faktor, der sich nach dem Alter der übertragenden Person und seiner verbleibenden Lebenserwartung richtet. Der Wert des Nießbrauchs ist also um so höher, je jünger die übertragende Person ist.

Also schnellstmöglich zum Notar?

Maßgeblich für die steuerliche Bewertung der Immobilie ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung, was in der Regel der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung ist. Findet sie noch in diesem Jahr statt, erfolgt die Bewertung nach der alten Methode. Unerheblich ist hingegen, wann der Beschenkte im Grundbuch eingetragen wird. Bei einer Übertragung besteht die Option, einen Rückgabeanspruch zu vereinbaren. Dies ist insbesondere für den Fall der Verarmung des Schenkers oder finanzielle Schwierigkeiten des Beschenkten möglich, um der Gefahr zu entgehen, dass Gläubiger des Beschenkten in die Liegenschaft vollstrecken. Darüber hinaus ist eine Rückfallklausel für den Fall, dass das beschenkte Kind vor den Eltern stirbt, sinnvoll.

Attraktiv ist das schnelle Handeln nur für diejenigen, die ohnehin schon länger planen, eine Übertragung vorzunehmen. Wir beraten Sie gern, ob die schnelle Übertragung in Ihrem Fall Sinn macht.