21.02.2023 14:56 Alter: 1 year
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwältin Julia Gnielinski

BFH-Urteil: Maßstäbe zur Steuerbegünstigung des Zweckbetriebes einer Beschäftigungsgesellschaft

In seinem erst kürzlich veröffentlichten Urteil (BFH, Urteil vom 18.08.2022 – V R 49/19*) hat der BFH die Grundsätze des allgemeinen Zweckbetrieb einer Beschäftigungsgesellschaft noch einmal aktuell aufgestellt.

Als Leitsatz gilt weiterhin, entgeltliche Dienstleistungen einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft begründen einen allgemeinen Zweckbetrieb nur dann, wenn die gegenüber ihren Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind.

Das zugrundeliegende Verfahren mit der Klägerin und Revisionsbeklagten, die ein auf die textile Vollversorgung von Krankenhäusern und Seniorenheimen mit Mietwäsche spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen für Textilpflege betreibt, und der Beigeladenen und Revisionsklägerin, einer Wäscherei, die als gemeinnützig anerkannte GmbH arbeitete, deren Ziel es ist, ihre betreuten Beschäftigten durch Rehabilitation und Resozialisierung wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es geht um die Jahre 2012 und 2013, die Klägerin beantragte beim Finanzamt erfolglos, die Körperschaftsteuerbescheide sowie die Gewerbesteuermessbescheide (einschließlich der Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes) der Beigeladenen für 2012 bis 2014 zu ändern, weil die Wäscherei als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen sei. Dagegen richtete die Klägerin eine Konkurrentenklage mit dem erfolgreichen Ziel, dass die Steuerfestsetzungen der Beigeladenen insoweit geändert wurden, dass der Betrieb der Wäscherei als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wurde. Die Beigeladene legte Revision ein, mit dem Verweis, dass allein die Höhe des ausgewiesenen Gewinns ein ungeeigneter Maßstab für eine gemeinnützigkeitsrechtliche Bewertung sei, vielmehr gehe es auch um den nachhaltigen Mittelbedarf; dieser umfasse auch die Tilgung der langfristigen Kredite. Ihre Zusammenarbeit mit der gewerblich tätigen Tochtergesellschaft führe nicht zu einer gemeinnützigkeitsschädlichen Abfärbung.

Das Verfahren ist durch das Urteil nicht abgeschlossen, sondern zur neuen Verhandlung an das FG zurückverwiesen worden, dass die tatsächlichen Feststellungen treffen muss, ob der von der Beigeladenen unterhaltene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "Wäscherei" die Voraussetzungen eines allgemeinen Zweckbetriebs i.S. des § 65 AO erfüllt.

Ein Zweckbetrieb setzt insbesondere voraus, dass der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), also der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen unmittelbar der Verwirklichung des steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks dient. Die Feststellung dieser Voraussetzung bedarf einer Gesamtwürdigung anhand des objektiven Charakters der Betätigung. Dass die Beigeladene in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen erhebliche Gewinne erzielt habe, ist nicht schädlich für die Definition eines Zweckbetriebes nach § 65 AO.

Zwar hat der Senat entschieden, dass eine Tätigkeit in ihrer Gesamtrichtung nur dann den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken dient, wenn durch die Förderung der in der Satzung der Körperschaft dienenden Zwecke Einnahmen erzielt werden und sich das erhobene Entgelt insoweit letztlich an dem Prinzip der Kostendeckung orientiert, und dass diese Voraussetzung beispielsweise nicht erfüllt ist, wenn ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege im Wesentlichen um des Erwerbs Willen anstatt zum Wohle der Allgemeinheit tätig wird. Dem kommt indes keine andere Bedeutung zu, als dass ein nach § 65 Nr. 1 AO schädliches Gewinnstreben erst dann anzunehmen ist, wenn die Erfüllung der steuerbegünstigten Satzungszwecke gegenüber der Absicht zur Erzielung von finanziellen Überschüssen in den Hintergrund tritt.

Für die Definition eines Zweckbetriebes gem. § 65 Nr. 1 AO hat der BFH mit diesem Urteil drei Prüfungspunkte dem FG vorgegeben, die man auch für andere Zweckbetriebe übernehmen kann:

  1. 1. Werden Lohnaufträge nur ausgeführt, um Klienten mit sinnvoller Arbeit zu beschäftigen und dadurch den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck die (Wieder-)Eingliederung von schwer vermittelbaren Arbeitslosen oder Behinderten in den normalen Arbeitsprozess   verwirklichen zu können.
  2. Ermöglichen erst die Lohnaufträge es, Klienten mit Arbeiten zu beschäftigen, die für die Klienten und ihre künftigen Arbeitgeber klar erkennbar wirtschaftlich sinnvoll und damit praxisrelevant waren, was eine Grundvoraussetzung für eine Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den normalen Arbeitsprozess.
  3. Ist der Wettbewerb mit anderen   steuerpflichtigen   Betrieben, die vergleichbare Lohnaufträge ausführen oder ausführen wollen, für die Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbar, da Aufträge übernommen werden müssen, um den Klienten eine sinnvolle Arbeitstherapie anzubieten, da diese ohne die Lohnaufträge nicht in einen normalen Arbeitsprozess eingegliedert werden können. Werden nur Klienten mit den Arbeiten für die Lohnauftraggeber beschäftigt, sind die Leistungen an die Auftraggeber ausschließlich Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des von der Klägerin verfolgten gemeinnützigen Zwecks.


Nur in derartigen Fällen besteht ein hinreichend sachlicher Grund für eine steuerrechtliche Begünstigung gegenüber den Wettbewerbern.

Natürlich dürfen auch nicht förderungsbedürftige Arbeitnehmer im bei der Ausführung von Lohnaufträgen einsetzt werden. Dies gilt jedoch nur in einer Weise oder in einem Umfang tätig werden, der zum Erreichen der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist, etwa weil dies vor allem der Ausbildung, Anleitung oder Beaufsichtigung der förderungsbedürftigen Mitarbeiter (momentan mindestens 40% förderungsbedürftiger Mitarbeiter) dient. Ein unvermeidbarer Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO liegt dagegen nicht mehr vor, wenn die Marktteilnahme den für die Integrationsarbeit notwendigen Umfang überschreitet.

Gerne helfen wir Ihnen weiter, ob für Ihren Fall eine Neubewertung nach den deutlich formulierten Grundsätzen den BFH sein muss und eine Aberkennung der Steuerbegünstigung droht.

Das vollständige Urteil finden Sie unter: (BFH, Urteil vom 18.08.2022 – V R 49/19)