09.10.2013 13:07 Alter: 11 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwalt Heiko Panke, Fachanwalt für Steuerrecht

FG Düsseldorf: EuGH-Vorlage zur Frage des energiesteuerlichen Herstellers - Hauptbehälter -

Problematik der Hauptbehälter Seit langer Zeit herrscht zwischen Steuerpflichtigen und der Zollverwaltung Streit über die Frage, ob es sich bei Kraftstoffbehältern in Nutzfahrzeugen um Hauptbehälter im Sinne des § 15 Abs. 4 Nr. 1 EnergieStG i.V.m. § 41 Nr. 1 EnergieStV handelt. Der Streit dreht sich um die Steuerpflicht auf im EU Ausland getankten Dieselkraftstoff beim Grenzübertritt in die Bundesrepublik Deutschland, der sich in Tankbehältern befindet, die fest eingebaut sind, aber deren Einbau nicht vom Hersteller des Rahmens sondern auf andere Art und Weise (Spezialaufbau, Umbau zum Zwecke der Erweiterung oder Reparatur) erfolgte. Hintergrund ist, dass beim gewerblichen Verbringen von im Ausland getankten Dieselkraftstoff im "Hauptbehälter" eines Fahrzeugs für den Dieselkraftstoff bei der Einfuhr in das Steuergebiet (gemeint ist die Bundesrepublik Deutschland) keine Energiesteuer entsteht. Das ist anders bei Treibstoff in (Zusatz-)tanks, die nicht als Hauptbehälter angesehen werden.

Zahlreiche Unternehmen sind in letzter Zeit in den Fokus der Behörden geraten, denn die Zollverwaltung vertritt die Ansicht, dass nur der vom Hersteller – gemeint ist der Hersteller des Fahrgestells – Hersteller im Sinne des EnergieStG in Verbindung mit der EnergieStV ist. Diese Ansicht hat zur Folge, dass sämtliche von Aufbauherstellern ausgeführten Tankum- und einbauten, nicht unter die Befreiungsvorschriften fallen. Da zahlreiche Unternehmer mit Spezialfahrzeugen im innergemeinschaftlichen Güterverkehr tätig sind, ist diese Ansicht für sie besonders nachteilig, denn sie können ihre Fahrzeuge üblicherweise nicht beim Hersteller des Fahrgestells beziehen, da dieser die Spezialaufbauten gar nicht selbst anbietet. Darüber hinaus gibt es heutzutage keine Kraftstoffbehälter desselben Typs. Das Tatbestandsmerkmal ist somit per se aus unserer Sicht nicht mehr erfüllbar. Insofern besitzt diese Frage auch strafrechtliche Relevanz.

Die Befreiung geht auf Art. 24 Abs. 2 erster Spiegelstrich der RL (EG) Nr. 2003/96 zurück, die im EnergieStG in Verbindung mit der EnergieStV umgesetzt worden ist.

In einer bislang unveröffentlichten Entscheidung, in einem Verfahren, das wir führen, hat sich das Finanzgericht in Düsseldorf nunmehr dieser Fragestellung angenommen und ist entgegen der bislang zu dieser Problematik ergangenen Rechtsprechung der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs dieser kritisch entgegengetreten. Das Finanzgericht hat erhebliche Zweifel an der engen Auslegung des Herstellerbegriffs des Art. 24 Abs. 2 der RL (EG) Nr. 2003/96 und stellt sich die Frage, ob eher eine weite Auslegung der Norm geboten ist, bei der der Begriff des Herstellers auch Karosseriebauer oder Vertragshändler erfasst.

Es hat daher im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem EuGH folgende Fragen zur Beantwortung vorgelegt:
1.Ist der Begriff des Herstellers im Sinne des Art. 24 Abs. 2 erster Spiegelstrich der Richtlinie (EG) Nr. 2003/96 des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. EU Nr. L 283/51, dahingehend auszulegen, dass hiervon auch Karosseriebauer oder Vertragshändler erfasst werden, wenn diese den Kraftstoffbehälter im Rahmen eines Herstellungsprozesses des Fahrzeugs eingebaut haben und der Herstellungsprozess aus technischen und/oder wirtschaftlichen Gründen im Wege der Arbeitsteilung durch mehrere selbstständige Unternehmer erfolgt ist?
2.Sollte die erste Frage zu bejahen sein: Wie ist in diesen Fällen das Tatbestandsmerkmal des Art. 24 Abs. 2 erster Spiegelstrich der Richtlinie (EG) Nr. 2003/96 des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. EU Nr. L 283/51, auszulegen, wonach es sich um Kraftfahrzeuge "desselben Typs" handeln muss?

Im zu entscheidenden Fall hatte ein Unternehmen ein Kraftfahrzeug unstreitig von einem Hersteller bezogen, der in dieses Fahrzeug einen Kraftstoffbehälter mit einem Fassungsvermögen von 780 Litern einbaute und auslieferte. Einen weiteren Kraftstoffbehälter bestellte die Klägerin beim Hersteller nicht, da sie den Umbau dieses Fahrzeugs beabsichtigte, den sie in dieser Form nicht von diesem Hersteller erhalten konnte. Unmittelbar nach der Auslieferung des Fahrzeugs ließ sie das Fahrzeug für ihre Zwecke von einem Karosseriebauer umbauen, der zugleich im Rahmen der erforderlichen Umbauarbeiten einen zweiten Kraftstoffbehälter einbaute. Den zweiten Kraftstoffbehälter bezog sie von einem Dritthersteller. Sie hätte den Kraftstoffbehälter auch bereits vom Hersteller beziehen und einbauen lassen können, was aus wirtschaftlichen Gründen jedoch nicht sinnvoll war, da auch der zweite Kraftstoffbehälter im Rahmen der zwingend erforderlichen Umbauarbeiten hätte versetzt werden müssen. Nach dem Herstellungsprozess durch den Karosseriebauer wurde das Fahrzeug vom TÜV abgenommen und das Fahrzeug für den Straßenverkehr zugelassen.
 
Die Klägerin tankte im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit sodann auch in den Niederlanden. Nach der Betankung überquerte sie unmittelbar die deutsch-niederländische Grenze und verwendete den in den Niederlanden getankten Kraftstoff ausschließlich zum eigenen Antrieb ihres Fahrzeugs.
 
Aufgrund dieser in den Niederlanden erfolgten Betankung gab sie eine Steueranmeldung für den in den Niederlanden getankten Kraftstoff ab. Das Hauptzollamt setzte infolge der Steueranmeldung per Bescheid Energiesteuer für den sich im Zusatzbehälter beim Grenzübertritt befindlichen Kraftstoff fest. Es war der Ansicht, dass durch das Verbringen des Dieselkraftstoffs in das Steuergebiet die Energiesteuer entstanden sei. Die Befreiungsvorschriften seien für den Zusatzbehälter nicht einschlägig.
 
Ergänzend dazu erließ das Hauptzollamt einen weiteren Bescheid für den vom Hersteller bei Auslieferung angebauten Kraftstoffbehälter für den in den Niederlanden getankten Dieselkraftstoff, da es der Ansicht war, dass durch das Versetzen des Kraftstoffbehälters infolge der Umbauarbeiten, auch der ursprüngliche Hauptbehälter seine Eigenschaft als Hauptbehälter verloren habe. Er sei nicht mehr vom Hersteller, sondern einem Dritten - dem Karosseriebauer - versetzt und damit neu eingebaut worden.
 
Die gegen die Steuerbescheide eingelegten Einsprüche wurden vom Hauptzollamt zurückgewiesen. Mit den erhobenen Klagen gegen die Steuerbescheide begehrt die Klägerin die Aufhebung der Bescheide. Das Finanzgericht hat daraufhin das Klageverfahren ausgesetzt und die oben genannten Fragen dem EuGH im Rahmen einer Vorabentscheidung zur Beantwortung vorgelegt.
 
Anmerkung:
Bereits seit längerer Zeit ist uns aus zahlreichen Verfahren diese Problematik bekannt. Die Rechtsprechung dazu war bislang stets der Ansicht, dass nur der Hersteller des Fahrgestells der energiesteuerliche Hersteller sei. Dazu verwies man auf eine Entscheidung des EuGH, der sich zu dieser Problematik bereits im Rahmen eines Grenzübertrittes von außen in die Europäische Union im Rahmen der Zollbefreiungsverordnung geäußert hatte. Eine Entscheidung des EuGH zur Frage, wie ein Grenzübertritt innerhalb der Gemeinschaft und nicht von außen her zu bewerten ist, ist noch offen. Da sich der vorliegende Sachverhalt eklatant von dem Sachverhalt unterscheidet, den der EuGH bereits im Jahr 1998 zu einem Grenzübertritt von außen hin in die EU entschieden hat, ist zu begrüßen, dass diese Frage nun abschließend auch unter Binnenmarkt-Gesichtspunkten geklärt werden soll. Eine Vielzahl von Unternehmen ist in Deutschland von dieser Problematik betroffen. Auch aufgrund der massiven strafrechtlichen Relevanz ist zu begrüßen, die Fragestellungen nun abschließend vom EuGH beantworten zu lassen.
 
Sofern auch Sie Fragestellungen dazu haben, können Sie sich jederzeit gerne an uns wenden.