01.10.2021 09:07 Alter: 3 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwältin Julia Gnielinski

Quo vadis Erbschaftsteuer nach den Koalitionsverhandlungen?

Im Bundestagswahlkampf spielte die Erbschaftsteuer keine große Rolle, obwohl in Deutschland jährlich 400 Milliarden vererbt werden und Veränderungen zu erwarten sind. Jetzt nach der Bundestagswahl, die zur Regierungsbildung wahrscheinlich erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Dreierbündnis erfordert, sollte man in Bezug auf die Erbschaftsteuer noch einmal einen Blick in die Wahlprogramme der Parteien werfen, um die Weichen passend zu stellen.

Wir stellen im Folgenden die Aussagen hierzu einander gegenüber. Welche Koalitionsgespräche zum Abschluss kommen und zu einer Regierung führen, ist noch offen und es bedarf wahrscheinlich momentan noch hellseherischer Fähigkeiten, um einen Erfolg zu prognostizieren, trotz der Versprechen nicht wieder so lange sondieren zu wollen wie 2017.

Die folgenden Positionen vertreten die vier Parteien, die an der Regierungsbildung beteiligt sind:

  • CDU ist gegen die Erhöhung der Erbschaftsteuer.
  • FDP ist gegen die Erhöhung der Erbschaftsteuer.
  • Die Grünen ein konkreter Bezug auf die Erbschaftssteuer fehlt, stattdessen Wiedereinführung einer Vermögensteuer.
  • SPD fordert eine Mindestbesteuerung.

Die CDU tritt Überlegungen zur Einführung neuer Substanzsteuern wie der Vermögensteuer oder der Erhöhung der Erbschaftssteuer entgegen, weil sie darin eine Gefährdung der wirtschaftlichen Substanz Deutschlands und von Arbeitsplätzen sieht.(Wahlprogramm, S. 34)

Auch die FDP wendet sich gegen eine Erhöhung der Erbschaftsteuer, weil sie eine Substanzbesteuerung der Unternehmen durch eine Verschärfung der Erbschaftsteuer oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer ablehnt. (Wahlprogramm, S. 7 und 9)

Für die SPD ist die Erbschaftsteuer reformbedürftig, weil sie eine Ungerechtigkeit darin sieht, dass vermögende Unternehmenserben bevorzugt werden. Deshalb tritt sie für eine Mindestbesteuerung ein, die die Überprivilegierung großer Betriebsvermögen und vermögenshaltender Familienstiftungen abschaffen soll. (Wahlprogramm, S. 23)

Die Grünen beschäftigen sich in ihrem Wahlprogramm nicht im Detail mit der Erbschaftsteuer. Sie planen aber, Gestaltungsmöglichkeiten in der Erbschaftsteuer und Vermögensteuer zu schaffen, um große Vermögen stärker zu besteuern. Es scheint aber so, als würden sie auch auf die Erbschaftsteuer zurückgreifen, wenn eine Umsetzung der Vermögensteuer 1% jährlich ab einem Vermögen von zwei Millionen nicht realisierbar ist. (Wahlprogramm, S. 92)

Wenn es zu einer Ampel-Koalition kommt, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch eine Änderung der jetzt geltenden Erbschaftsteuer im Koalitionsvertrag beschlossen werden mit dem Ziel, große Vermögens- und Unternehmenserben stärker zu fordern. Auch bei einer Jamaika-Koalition sind nicht alle Beteiligten für den Erhalt der bisherigen Regelung. Durch die Beteiligung der Grünen könnte auch hier eine stärkere Belastung der Erben und Unternehmen als jetzt vereinbart werden, weil die Sanierung der öffentlichen Haushalte notwendig ist nach der Corona-Krise. Allerdings ist hier nur eine moderatere Belastung zu erwarten.

Es macht also durchaus Sinn, sich jetzt noch zu überlegen, ob die derzeit geltende erbschaftsteuerliche Regelung im Wege der vorgezogenen Erbfolge oder der Schenkung ausgenutzt werden sollte, um den Erhalt des Unternehmens oder des Vermögens zu sichern.