12.03.2014 10:51 Alter: 10 yrs
Kategorie: Steuern
Von: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Möllenhoff, Fachanwalt für Steuerrecht

Strafbefreiende Selbstanzeige weiterhin möglich - grundsätzliche Stellungnahme

Die strafbefreiende Selbstanzeige ist im Rahmen des medialen Interesses am Fall des Herrn Hoeneß zurzeit Gespräch in aller Munde. Auch im Hinblick auf die von der Bundesregierung angedachten Änderungen zur strafbefreienden Selbstanzeige, war das mediale Interesse bereits zuvor nicht unerheblich. Einigen Medienberichten konnten wir im Zusammenhang mit dem "Fall Hoeneß" entnehmen, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige grundsätzlich nicht mehr möglich sein soll, da die Finanzbehörden "immer etwas finden würden", wenn sie dies wollten. Diese Sichtweise überrascht zunächst, ist allerdings auch differenziert zu betrachten. Bemüht man sich um einen Blick in § 371 der Abgabenordnung (AO), wird man feststellen, dass das Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige mit der Folge der Straffreiheit vorsieht. Hält man sich an die Grundsätze, die das Gesetz vorsieht (Vollständigkeit in allen noch nicht strafrechtlich verjährten Zeiträumen und Bezahlung der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrsteuern innerhalb der vom Finanzamt gesetzten angemessenen Frist), geht der Steuerpflichtige straffrei aus. Hier hat die Verwaltung kein Ermessen. In aller Regel wird die Straffreiheit aber auch von der Verwaltung frühzeitig in Aussicht gestellt. Dies entspricht unserer täglichen Erfahrung in diesen Fällen.

Wichtigste Voraussetzung ist jedoch stets, dass in allen strafrechtlich unverjährten Zeiträumen "vollständig reiner Tisch" gemacht wird, da andernfalls die Straffreiheit entfallen kann. Sollten also steuerstrafrechtlich relevante Sachverhalte bewusst nicht offenbart werden, kann das Finanzamt durchaus "immer etwas finden". Insofern ist diese Sichtweise nur teilweise zutreffend. Kleinere Ungenauigkeiten, wie z.B. nicht angegebene Zinsen aus Kreditkartenguthaben, übersehene Krankenkassenrückerstattungen, etc., werden unserer Erfahrung nach durch die Finanzverwaltung nicht problematisiert. Viel wichtiger ist hier der Gesamteindruck. Wenn deutlich wird, dass der Steuerpflichtige sich sichtlich bemüht hat, alles vollständig zu melden, sind kleinere Differenzen unerheblich.

Dies bedeutet unserer Erfahrung nach somit nicht, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige grundsätzlich nicht mehr möglich ist oder gar aussichtslos wäre. Uns sind aus unserer Praxis keine Fälle bekannt, in denen eine Selbstanzeige nicht strafbefreiend war, nur weil die Finanzbehörde "etwas finden wollte". Wenn die Nacherklärung vollständig ist und sie damit "wirksam" ist, sieht das Gesetz zwingend eine Straffreiheit vor. Diese gestehen die Finanzämter dann auch vollständig zu.

Aber selbst wenn dies nicht so wäre: Wenn also eine Selbstanzeige mangels Vollständigkeit einmal nicht wirksam sein sollte, wirkt die misslungene Selbstanzeige immer noch in erheblichem Maße strafmindernd. Auch dies ist ständige höchstrichterliche Rechtsprechung. Das bedeutet, die Gefahr, dass eine Selbstanzeige nicht wirksam sein könnte, rechtfertigt in aller Regel nicht, diesen Schritt in die Steuerehrlichkeit zu unterlassen, wenn der Steuerpflichtige dies möchte.

Der Fall des Herrn Hoeneß zeigt, sofern man den Medienberichten Glauben schenken kann, dass eine stufenweise Nacherklärung und nachträgliche Entdeckung von strafrechtlich relevanten Sachverhalten in unverjährten Zeiträumen, die Straffreiheit in Zweifel ziehen und ggf. vollständig entfallen lassen können. Ob dies tatsächlich auch in dem Fall des Herrn Hoeneß so ist, wird sich erst nach einem Urteil sicher sagen lassen. Bis dahin handelt es sich um reine Spekulationen, in welcher Weise wer wie gehandelt hat. Der Fortgang bleibt abzuwarten.

Überraschend ist in dem Fall jedoch, dass zwischen Verteidigung und Anklage erhebliche Differenzen in der Steuerberechnung bestehen. Das sollte auf jeden Fall vermieden werden. Aus diesem Grund empfehlen wir vor jeder Selbstanzeige eine vollständige und belastbare Aufarbeitung der steuerlichen Situation. Dies verstärkt bei der Finanzverwaltung den Eindruck, der Steuerpflichtige wolle ernsthaft "reinen Tisch" machen und eröffnet keine Spielräume für unschöne und unserer Meinung nach gefährliche Diskussionen im Fall, wie zur Zeit vom Fall des Herrn Hoeneß berichtet wird, wobei hier noch einmal zu betonen ist, dass wir den Fall nicht kennen und alle Informationen aus der Presse entnehmen. Festzuhalten bleibt in jedem Fall, wie unsere tägliche Praxis zeigt, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung nach wie vor möglich ist.

Lassen Sie sich also nicht durch etwaige anderslautende Informationen davon abhalten, die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige zu erwägen und auch zu ergreifen. Sofern die Bundesregierung die gesetzliche Regelung nicht alsbald ändert, wird weiterhin die Möglichkeit bestehen, eine strafbefreiende Selbstanzeige abzugeben.

Das könnte bei allen Luxemburg-Anlegern kurzfristig von besonderer Bedeutung sein. Es wird voraussichtlich Ende März 2014 beschlossen werden, dass sich Luxemburg an der Zinsinformationsrichtlinie dergestalt beteiligen wird, dass ein Informationsaustausch mit den deutschen Steuerbehörden stattfinden wird. Da diese Regelungen zum 1.1.2015 greifen werden, bleibt nur noch dieses Jahr, um steuerliche Nacherklärungen einzureichen.

Zögern Sie daher nicht, uns dazu zu kontaktieren, sofern Sie erwägen, eine Selbstanzeige abzugeben. Insbesondere aufgrund der geschlossenen Informationsabkommen mit Mitgliedstaaten und den geplanten Änderungen zur Selbstanzeige durch die Bundesregierung, ist aus unserer Sicht künftig nicht mehr damit zu rechnen, dass die Voraussetzungen einer Selbstanzeige zur Erlangung der Straffreiheit den Nacherklärenden günstiger zuspielen, als dies derzeit der Fall ist.

Es bleibt spannend!