01.12.2021 09:55 Alter: 2 yrs
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

Das neue HS-System 2022

Die HS-Nomenklatur, gemeinhin als "Harmonisiertes System" bezeichnet, wird von der Weltzollorganisation (World Customs Organisation – WCO) verwaltet und alle fünf Jahre umfassend "erneuert", so auch zum 01.01.2022. Die HS-Nomenklatur bildet genau genommen den Anhang zum Internationalen Übereinkommens über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (HS-Übereinkommen), das am 01.01.1988 in Kraft getreten ist.

Laut WZO-Angaben verwenden inzwischen mehr als 200 Volkswirtschaften und Zoll- oder Wirtschaftsunionen das HS-System als Grundlage für ihre nationalen Zolltarife, man kann daher durchaus von einem Erfolgsmodell sprechen. Das bedeutet, dass bei allen Beteiligten die ersten sechs Positionen der jeweiligen Warennomenklatur gleich sind. Neben diesem "Hauptzweck" dient das HS-System noch weiteren Zwecken:

  • als Grundlage für die Erhebung von internationalen Handelsstatistiken
  • als Grundlage für Ursprungsregeln
  • als Grundlage für die Erhebung von internen Steuern
  • als Grundlage für Handelsverhandlungen (z. B. für die WTO-Listen der Zollzugeständnisse und Freihandelsabkommen)
  • als Grundlage für Transporttarife und -statistiken
  • als Grundlage für die Überwachung von kontrollierten Waren (z. B. Abfälle, Betäubungsmittel, chemische Waffen, Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, und gefährdete Arten)
  • als wesentliches Element der Kernbereiche von Zollkontrollen und -verfahren, einschließlich Risikobewertung, Informationstechnologie und Einhaltung der Vorschriften.

Auch die europäische Warennomenklatur, die sog. "Kombinierte Nomenklatur", basiert auf dem HS-System und stimmt deshalb in ihren ersten sechs Positionen mit den HS-Positionen überein. Die Warennummern der Kombinierten Nomenklatur (KN) haben acht Ziffern. Die KN bildet den Anhang I zur EU-Verordnung (EWG) Nr. 2658/87, der jedes Jahr Ende Oktober in seiner aktualisierten Fassung veröffentlicht wird. Die Änderungen der Kombinierten Nomenklatur, die zum 01.01.2022 in Kraft treten werden, wurden im EU-Amtsblatt L 385/1 vom 29.10.2021 veröffentlicht.

Im Rahmen der "Grunderneuerung" alle fünf Jahre wird das HS-System an moderne Entwicklungen und technische Fortschritte angepasst. Eine solch umfassende Aktualisierung tritt zum 01.01.2022 mit dem HS-System 2022 in Kraft. So wurden z. B. aufgrund der fortschreitenden Entwicklung im Bereich der E-Mobilität neue Unterpositionen im Kapitel 87 geschaffen, auch für moderne Güter wie z.B. Smartphones, E-Zigaretten und Drohnen wurden Anpassungen vorgenommen. Die WCO hat die Fassung der HS-Nomenklatur für 2022 auf ihrer Homepage veröffentlicht: www.wcoomd.org/en/topics/nomenclature/instrument-and-tools/hs-nomenclature-2022-edition/hs-nomenclature-2022-edition.aspx.Da die europäische Kombinierte Nomenklatur auf dem HS-System basiert, werden bei dieser Änderung voraussichtlich mehr Branchen betroffen sein als in den letzten vier Jahren. Unternehmen, deren Warenkreise von den Änderungen betroffen sind, müssen sich darauf einstellen, dass durch die Änderung von Warennummern Umstellungen vorzunehmen sind, etwa bei der Anpassung des Warenwirtschaftssystems, der Prüfung von Ursprungskalkulationen etc. Die Änderungen der Warennummern müssen ab dem 01.01.2022 angewendet werden. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht auf seiner Seite neben dem Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik (Ausgabe 2022, kostenfreier PDF-Download) eine sehr hilfreiche Gegenüberstellung der Änderungen bei den Warennummern für 2022 gegenüber dem Vorjahr (PDF-Download). Diese Gegenüberstellung bietet einen guten Einstieg in die Prüfung, ob die eigenen Warennummern ab dem 01.01.2022 von den Änderungen betroffen sind. Zu beachten ist, dass bei den Änderungen, die zum 01.01.2022 in Kraft treten werden, mehr Warenkreise betroffen sein können, bei denen sich die ersten 4-bis 6 Stellen einer Warennummer, ändern, weil auf HS-Ebene neue Unterpositionen für Waren geschaffen wurden. Dies kann sich auf die Gültigkeit bestehender verbindlicher Zolltarifauskünfte auswirken. Das Zollrecht bietet in dem Fall, dass verbindliche Zolltarifauskünfte ungültig werden, weil sich die Warennummer ändert, auf die sich die vZTA bezieht, keinen Vertrauensschutz. Das bedeutet, dass eine solche vZTA ohne Übergangsfrist bereits ab dem 01.01.2022 nicht mehr gilt. Bei Ursprungsprüfungen muss – je nach HS-Stand der Verarbeitungsliste im jeweiligen Präferenzabkommen – gegebenenfalls noch auf Basis eines "alten" Vierstellers der Präferenzursprung geprüft werden. Der jeweilige Stand der Verarbeitungsliste wird in der WuP-Datenbank der deutschen Zollverwaltung unter wup.zoll.de angezeigt. Die Weltzollorganisation bietet mit dem sog. "HS-Tracker" eine neue Recherchemöglichkeit an, mit der man prüfen kann, ob und gegebenenfalls welche Änderungen sich bei den Unterpositionen in den jeweiligen HS-Fassungen ergeben haben.Wenn Sie Fragen zu dieser Thematik haben, sprechen Sie uns gerne an!