13.11.2023 10:52 Alter: 337 days
Kategorie: Zoll
Von: Rechtsanwältin Almuth Barkam

EuGH-Vorlage zur Berücksichtigung von Kosten für Druckvorlagen im Zollwert

Schon lange ist beim Bundesfinanzhof (BFH) ein Revisionsverfahren anhängig zur Frage der zollwertrechtlichen Behandlung von Druckvorlagen für Etiketten (VII R 7 /20).

Nun hat der BFH den EuGH in dieser Sache um eine Vorabentscheidung angerufen. Die Entscheidung vom 17.01.2023 wurde im Mai veröffentlicht. Konkret hat der BFH dem europäischen Gericht die folgende Frage vorgelegt:

"Sind die Kosten für die im Zollgebiet der Union erfolgte Erstellung von Druckvorlagen für Etiketten dem Transaktionswert nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. ii ZK oder nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. iv) des Zollkodex hinzuzurechnen, wenn die im Zollgebiet der Union ansässige Käuferin die Druckvorlagen den Lieferanten im Drittland kostenlos in elektronischer Form zur Verfügung stellt?"

Da die relevanten Normen nahezu wortgleich ins neue Zollrecht übernommen wurden, ist eine Entscheidung darüber auch für Fälle von Bedeutung, die nach neuem Recht zu beurteilen sind. Der zugrundeliegende Fall stellt eine klassische Situation dar, die für viele Einführer von Bedeutung ist:

Ein Unternehmen (Käufer) in der Union kauft Ware im Drittland und führt diese in die Union ein. Der Käufer lässt in Deutschland beim heimischen Designer eine Druckvorlage erstellen, die er bezahlt und dem Lieferanten im Drittland für die Produktion der Verkaufsverpackung kostenlos zur Verfügung stellt. Im BFH-Verfahren wurden aus den Druckvorlagen Papieretiketten erstellt, die auf Konserven geklebt wurden. Die Zollverwaltung vertritt die Meinung, dass der Käufer in einer solchen Konstellation nicht nur den Kaufpreis inklusive der Kosten für die Verkaufsverpackungen und für den Druck der Etiketten in den Zollwert einbeziehen muss, sondern auch die Kosten, die der Käufer an den Designer im Inland gezahlt hat.

Das Finanzgericht Hamburg hatte in der Vorinstanz die Auffassung der Zollverwaltung bestätigt und eine Hinzurechnung der Kosten für die Erstellung der Druckvorlagen gemäß Art. 32 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. ii) ZK bejaht.

Der BFH hat deutlich gemacht, dass es im Streitfall besonders auf die Auslegung des Begriffs "Umschließung" ankommt, der nicht im Gesetz definiert sei. Ein Rückgriff auf die im Zolltarifrecht für Einreihungsfragen heranzuziehende Allgemeine Vorschrift (AV) 5 helfe hier nicht, denn während im Zolltarifrecht zwischen besonders gestalteten und zum dauernden Gebrauch geeigneten Behältnissen einerseits und (sonstiger) üblicher Verpackung andererseits unterschieden werde, differenziere das Zollwertrecht zwischen Umschließungen und Verpackungen. Hinsichtlich der Auslegung sei insbesondere offen, ob die Kosten für die Erstellung von Druckvorlagen für Etiketten, die wiederum auf die eigentlichen Umschließungen aufgeklebt werden, ebenfalls unter den Begriff "Umschließung" fallen und somit nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. ii) ZK dem Transaktionswert hinzuzurechnen sind. Ob die Norm eine solch weite Auslegung zulasse, sei durch den EuGH zu klären.

Besonders erfreulich an dem BFH-Beschluss ist, dass der BFH grundsätzlich eine Auslegung für vertretbar hält, wonach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b) ZK eine spezielle Grundsatzregelung für geistige Beistellungen enthält (Rn. 32). Dahinter steckt der Gedanke, dass die Norm eine spezielle Regelung zu dieser sehr schwerfälligen Begrifflichkeit der „geistigen Beistellung“ enthält:

(…hinzuzurechnen ist der entsprechend aufgeteilte Wert…)

"iv) der für die Herstellung der eingeführten Waren notwendigen Techniken, Entwicklungen, Entwürfe, Pläne und Skizzen, die außerhalb der Union erarbeitet worden sind"


Schaut man sich den Wortlaut an, wird die Tragweite eines solchen Anwendungsvorrangs deutlich, denn nach der Ziffer iv) sind geistige Leistungen nur zollwertrelevant, wenn sie außerhalb der Union erstellt wurden. In diesem Zusammenhang will der BFH auch vom EuGH geklärt wissen, was genau mit dem Begriff der „eingeführten Waren“ gemeint ist. Eine Äußerung des EuGH hierzu würde für viele andere Fallkonstellationen von Bedeutung sein.

Der BFH hat die berechtigte Frage aufgeworfen, wie die Kosten auf die Einfuhren aufzuteilen wären, wenn die Druckvorlagen einmalig erstellt, die Waren jedoch über einen längeren Zeitraum eingeführt werden (Ziff. 37). Das Gericht legt damit in erfreulich praxisorientierter Weise den Finger in die Wunde, dass die Auffassung der Zollverwaltung immer wieder zu sehr komplizierten Berechnungsmethoden für Aufschläge beim Zollwert führt, die gegebenenfalls bei jeder Einfuhr zu berücksichtigen sind. Dass dies zu Fehlern bei Einfuhranmeldungen führt, ist naheliegend.

Fazit:

Die Tatsache, dass der BFH die Hinzurechnung von Kosten für Druckvorlagen, die in der Union erstellt wurden, als ungeklärt ansieht, ist eine erfreuliche Entwicklung. Insbesondere der Gedanke der vorrangigen Anwendbarkeit des Art. 32 Abs. 1 Buchst. b) ZK im Fall von geistigen Beistellungen sowie die Frage nach der genauen Auslegung des Begriffs der „eingeführten Waren“ lassen hoffen, dass der EuGH sich diesmal genauer positioniert als in vorangegangenen Entscheidungen und möglicherweise der sehr weitgehenden Interpretation der Hinzurechnungstatbestände durch die deutsche Zollverwaltung eine Absage erteilt. Sollten Sie aktuell mit der Zollverwaltung über vergleichbare Fallkonstellationen uneinig sein, lohnt es sich vor dem Hintergrund dieser Entwicklung, gegen mögliche Einfuhrabgabenbescheide Einspruch einzulegen und ggf. ein Ruhen bis zur Entscheidung des EuGH / BFH zu erwirken. Wenn Sie Fragen dazu haben, sprechen Sie uns gerne an!