08.02.2024 12:25 Alter: 79 days
Kategorie: Zoll
Von: Almuth Barkam

Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) – Hinweise zur aktuellen Berichtspflicht

Unternehmen, die Waren aus den Segmenten Zement, Strom, Düngemittel, Eisen, Stahl, Aluminium oder Chemikalien importieren, kommen aktuell am Thema CBAM nicht vorbei.

Wenn Sie im Zeitraum 01.10.2023 bis 31.12.2023 Waren dieser Art eingeführt haben, die dem Anwendungsbereich der CBAM-Verordnung (VO (EU) 2023/956) unterliegen, müssen die betroffenen Unternehmen bis zum 31.01.2024 erstmalig ihre Pflicht zur Abgabe eines Berichts über die entsprechenden Importe erfüllen.
 
Die Hintergründe dieses neuen Mechanismus, der im Deutschen auch "CO2-Grenzausgleichsmechanismus" genannt wird, haben wir im Rahmen unseres Newsletters bereits verschiedentlich erläutert, zuletzt im Schlagbaum Ausgabe 04/2023. Ganz kurz zusammengefasst: Durch diesen Mechanismus soll ein CO2-Preis ermittelt werden für die mit der Herstellung im Drittland verbundenen Treibhausgasemissionen. Berücksichtigt werden sollen sowohl die sog. direkten Emissionen, also die im Herstellungsverfahren freigesetzten Emissionen als auch die indirekten Emissionen aus der Erzeugung von während der Warenherstellung verbrauchtem Strom.      
 
Wer ist betroffen und was ist zu tun?
 
Wer im Zeitraum ab dem 01.10.2023 bis zum 31.12.2023 Waren aus den Bereichen Zement, Strom, Düngemittel, Eisen, Stahl, Aluminium oder Chemikalien mit Ursprung in einem Drittland in das Zollgebiet der Union eingeführt hat, muss prüfen, ob diese Wareneinfuhren dem CO2-Grenzausgleich unterliegen. Anhang I der europäischen Verordnung VO (EU) 2023/956 listet die KN-Codes der Waren auf, die betroffen sind. In einem ersten Schritt muss dieser Anhang zwingend geprüft werden. Zu beachten ist, dass der KN-Code der konkret eingeführten und angemeldeten Ware entscheidend ist. Auch Veredelungserzeugnisse, die aus einer aktiven Veredelung heraus entstanden sind und in den freien Verkehr überführt werden, sind betroffen. Wurden von Anhang I erfasste Waren in die aktive Veredelung überführt und daraus Veredelungserzeugnisse erstellt, die in diesem Zeitraum in den freien Verkehr überführt wurden, so sind die Emissionen dieser in die aktive Veredelung überführten Vormaterialien zu ermitteln, und zwar unabhängig davon, ob das Veredelungserzeugnis von Anhang I erfasst ist (Art. 6 VO (EU) 2023/1773).
 
Ergibt die Prüfung, dass im letzten Quartal 2023 Waren mit Ursprung im Drittland eingeführt wurden, die mit den in Anhang I genannten KN-Codes übereinstimmen, ist der Einführer dieser Waren berichtspflichtig. Der Ursprung im Drittland ist nach den Vorschriften über den nichtpräferenziellen Ursprung zu bewerten.
 
Ausgenommen sind lediglich Waren mit Ursprung in den Ländern Liechtenstein, Schweiz, Norwegen und Island sowie in den Gebieten Büsingen, Helgoland, Livigno, Ceuta, Melilla. Auch Waren des Anhangs I, deren Einzelwert je Warensendung unter 150,- € liegt oder die sich im persönlichen Gepäck von Reisenden befinden, unterliegen nicht der Verordnung. Die Berichtspflicht gilt auch nicht für die Einfuhr von Rückwaren oder im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse.
 
Einführer, die nicht in einem EU-Mitgliedstaat niedergelassen sind, müssen einen indirekten Vertreter i.S.d. Art. 18 UZK benennen, der die Berichtspflicht für sie erfüllt. Auch für in der EU niedergelassene Einführer besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einen indirekten Vertreter zu benennen, der die Berichtserfüllung für sie erfüllt (Art. 33, 35 VO (EU) 2023/956). Ist ein solcher indirekter Vertreter nicht damit einverstanden, die Berichtspflicht zu erfüllen, muss er den Einführer über dessen Berichtspflichten unterrichten. Logistikern, die als indirekte Zollvertreter auftreten, wird hiermit eine große Verantwortung übertragen.
 
Übergangzeitraum
 
Seit dem 01.10.2023 befinden wir uns in einer Übergangsphase. In dieser Phase geht es zunächst darum, die betroffenen Waren und Importe zu bestimmen und die Emissionsdaten für diese Importe zu bestimmen. Die vollständige Umsetzung des Mechanismus erfolgt ab dem 01.01.2026 und wird dann schrittweise den Erwerb von Emissionszertifikaten mit sich bringen. Die EU-Kommission selbst bezeichnet die aktuelle Phase in ihrem Leitfaden zur CBAM-Implementierung als „Lernphase“. Gleichwohl können in dieser Phase Sanktionen verhängt werden, wenn CBAM-Importeure ihrer vierteljährlichen Berichtspflicht nicht nachkommen.
 
Berichtspflicht
 
Die Berichtspflicht ist also sehr ernst zu nehmen. Was bedeutet das?
 
Die EU-Kommission hat eine Durchführungsverordnung erlassen, die VO (EU) 2023/1773, die Regelungen zur Berichtpflicht im Übergangszeitraum enthält und die auch in Art. 16 mögliche Sanktionen auflistet. Eine Berichtsvorlage befindet sich in Anhang I der Verordnung. Art. 3 der Verordnung enthält nähere Angaben zu den Inhalten des Berichts.
 
Anzugeben ist zunächst die Menge der eingeführten Waren in Megawattstunden (bei Strom) bzw. in Tonnen (bei anderen Waren) pro Warenart unter Angabe des jeweiligen KN-Codes. Bezogen auf die grauen Emissionen müssen für diese Waren u.a. folgende weitere Angaben gemacht werden:

  • tatsächliche graue Emissionen in Tonnen CO2-Emissionen pro Tonne je Warenart
  • gesamte indirekte Emissionen, die bei der Energiebereitstellung entstanden sind
  • Angaben zum Ursprungsland, zur Anlage, in der die Waren hergestellt wurden sowie zu den verwendeten Produktionswegen
  • CO2-Preis, der im Ursprungsland gezahlt wurde

Die Anforderungen zeigen, dass die Mithilfe des Herstellers im Drittland erforderlich ist, um die geforderten Angaben zu liefern. Der EU-Kommission ist bewusst, dass es schwierig sein wird, diese Informationen zu beschaffen, bis die Hersteller im Drittland aufgrund zunehmender Anfragen durch europäische Importeure für das Thema sensibilisiert sind. Es besteht daher anfangs die Möglichkeit, mit Standardwerten zu rechnen. Die Kommission hat diese kurz vor Weihnachten veröffentlicht: https://taxation-customs.ec.europa.eu/system/files/2023-12/Default%20values%20transitional%20period.pdf
 
Nach aktuellem Stand ist diese Berechnungsmethode bis zum 31.07.2024 zulässig, nach der ersten Berichtspflicht, die sich auf das vierte Quartal 2023 bezieht, also nur noch für Berichte, die für das erste und zweite Quartal 2024 abzugeben sind. Bis 31.12.2024 sind die vereinfachten Berechnungsmethoden nach Art. 4 Abs. 2 VO (EU) 2023/1773 anwendbar, die nach einem möglichen CO2-Bepreisungssystem oder Emissionsüberwachungssystem am Anlagenstandort oder einem Emissionsüberwachungssystem in der Anlage zu bemessen sind. Abweichend von diesen Vorgaben ergibt sich aus Art. 5, dass bis zu 20 % der gesamten grauen Emissionen, die mit komplexen Waren verbunden sind, auf von den Anlagenbetreibern zur Verfügung gestellten Schätzungen gestützt werden können.
 
Der berichtspflichtige Anmelder kann einen vorgelegten CBAM-Bericht bis zwei Monate nach Ablauf des einschlägigen Berichtsquartals abändern. Für die ersten beiden Berichtszeiträume darf eine Änderung des Berichts sogar bis zum Ablauf der Vorlagefrist für den dritten CBAM-Bericht erfolgen, also bis zum 31.10.2024 (Art. 9 VO (EU) 2023/1773).
 
Die Abgabe des Berichts erfolgt über das CBAM-Übergangsregister. Der Weg dorthin ist in Deutschland recht kompliziert. Er wird auf der Seite der Emissionshandelsstelle, beim Umweltbundesamt, die in Deutschland für die Überwachung von CBAM zuständig ist sowie der Hilfeseite der Zollverwaltung beschrieben. Unternehmen, die bislang noch nicht im Bürger- und Geschäftskundenportal der Zollverwaltung registriert sind, müssen im Zoll-Portal ein Geschäftskundenkonto anlegen. Da die Anmeldung nicht ganz intuitiv ist, sollte die Beschreibung der einzelnen Anmeldeschritte genau beachtet werden.
 
Empfehlung
 
Wenn Ihr Unternehmen aufgrund von Einfuhren im letzten Quartal 2023 unter die CBAM-Verordnung fällt, müssen Sie die Frist zur Abgabe des Berichts bis zum 31.01.2024 einhalten. Es ist damit zu rechnen, dass das System überlastet sein wird, deshalb sollte die Abgabe nicht bis zum Ende hinausgezögert werden. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, die Informationen zu erhalten, die Sie benötigen oder die Zeit eng wird, wählen Sie zunächst den einfacheren Weg unter Rückgriff auf Standardwerte. Sie haben immer noch die Möglichkeit, innerhalb der vorgesehenen Frist Änderungen am Bericht vorzunehmen (s.o.). Im Hinblick auf die sehr kurze Zeitspanne, in der es möglich ist, mit Standardwerten zu arbeiten, sollten Sie langfristig daran denken, Ihren Lieferanten vertraglich zu verpflichten, Ihnen die Informationen zu liefern, die Sie benötigen. Sprechen Sie uns bei Fragen zur Vertragsgestaltung gerne an!
 
Verfasserin: Rechtsanwältin Almuth Barkam